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Konjunkturbericht Herbst 2020 der IHK Südthüringen für den Landkreis Schmalkalden-Meiningen

Für manche hat eine Krise etwas von einem Endspiel. Da muss jeder sehen, wo er bleibt. Die Ankündigungen vieler Unternehmen in der Konjunkturumfrage Herbst 2020 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen lassen Schlimmes erwarten: Scharf abgebremste Investitionen und ein Rückgang der Beschäftigtenzahl können auch den Aufschwung bremsen, der im kommenden Jahr um sich greifen sollte. All das ist im Übrigen nichts Neues: Auf die Finanzkrise 2008/2009 reagierten die Unternehmen genauso.

Schlecht und immer schlechter stellen sich Lage und Geschäftserwartungen für die Unternehmen im Landkreis Schmalkalden-Meiningen dar. Seit zwei Jahren verliert der Konjunkturklimaindikator für den Landkreis beständig an Wert. Von 129,3 Punkten im Herbst 2018 sind nun noch 80,1 Punkte geblieben. Der Indikator zeigt den Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung an. Er ist ein wichtiges Instrument, um die Stimmung der heimischen Wirtschaft zu messen. Als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen kann er maximal 200 Punkte erreichen. 100 Punkte scheiden die gute von der schlechten Wirtschaftslage.

Aufgrund einer Vielzahl von Antworten aus dem Landkreis lassen sich auch regionale Unterschiede ausmachen. Sein Maximum erreicht der Indikator mit 89,1 Punkten in Floh-Seligenthal. Überdurchschnittlich ist auch das Ergebnis aus Meiningen mit 83,8 Punkten. Am unteren Ende liegen Brotterode-Trusetal mit 55,8 Punkten, Zella-Mehlis mit 60,3 Punkten und Schmalkalden mit 75,3 Punkten.

Die Geschäftslage im Betrachtungszeitraum Mai bis August 2020 bewerten 29 Prozent der Unternehmen als gut, 38 Prozent saisonüblich bzw. befriedigend und 33 Prozent als schlecht. Sie glauben jedoch nicht an schnelle Besserung, obwohl in den letzten Monaten schon viel von den Einbußen des ersten Lockdowns wett gemacht wurde: 42 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten ungünstigere Geschäfte, lediglich 9 Prozent eine Verbesserung. Die restlichen 49 Prozent gehen von keiner großen Veränderung in den kommenden Monaten aus.

„Die Folge ist haargenau die gleiche wie 2008/2009: Nach Auslaufen staatlicher Unterstützung auf dem Arbeitsmarkt müssen Mitarbeiter freigesetzt werden, die man allerdings kurze Zeit später wieder brauchen wird. Eines hat sich jedoch verändert: Die Demografie. Nach der Finanzkrise haben die Unternehmen im Landkreis ein Jahrzehnt benötigt, um den Beschäftigungsstand von 2008 wieder zu erreichen und darüber hinaus zu wachsen. Dies wird kein zweites Mal eintreten. Wer jetzt Fachkräfte gehen lässt, provoziert deren Abwanderung, ohne dass Neue nachrücken. Ich erwarte eine Verfestigung der Fachkräfteengpässe in der Nach-Corona-Zeit“, sagt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen voraus.

Auch die Unternehmen erwarten Fachkräfteengpässe. Für 58 Prozent der Unternehmen stellen sie ein wesentliches Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dar. Lediglich das Corona-Virus mit 75 Prozent und die Inlandsnachfrage mit 65 Prozent werden höher bewertet. Trotzdem erwarten in den kommenden Monaten nur 4 Prozent steigende Mitarbeiterzahlen, 26 Prozent gehen hingegen von einem geringeren Personalbestand aus. Der Saldo aus Zunahme und Abnahme beträgt -22 Prozent. Zu Jahresbeginn 2009 erreichte dieser Saldo -26 Prozent und baute sich in den Folgeumfragen auf -19 Prozent ab. Aktuell muss vor allem in Schmalkalden mit Freisetzungen gerechnet werden.

Zugleich geht im ganzen Landkreis die Investitionsneigung zurück: Nur noch 63 Prozent der Unternehmen planen Investitionen, so wenige wie zuletzt in 2009. Darunter sind aktuell sogar 15 Prozent, die ihren Betrieb erweitern wollen. Der bleibende Optimismus Einzelner ist der einzige positive Unterschied der aktuellen Krise im Vergleich zur Vergangenheit.

Zur Information:
Basis der Angaben ist eine repräsentative Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen, die im September 2020 durchgeführt wurde. Zur IHK Südthüringen mit 27.500 Mitgliedsunternehmen gehören auch ca. 9.100 Unternehmen aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen. Den branchenmäßig größten Anteil stellen die 3.900 Dienstleister mit 17.400 Beschäftigten, gefolgt von 2.400 Handelsunternehmen mit 5.000 Beschäftigten. Zur Industrie gehören im Landkreis Schmalkalden-Meiningen 900 Unternehmen mit 14.300 Beschäftigten.
 

Suhl, 27. November 2020

Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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