Mehr Güter auf die Schiene – Wunschtraum oder Wirklichkeit?

IHK Südthüringen zu den Bemühungen um eine Verkehrsverlagerung

Aktuelle Untersuchungen der Fachhochschule (FH) Erfurt zeigen für Südthüringen bis 2030 nur geringe Zuwächse im Bereich des Schienengüterverkehrs. Wie kann der Anteil der Schiene am Gütertransport erhöht werden? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft verfolgt derzeit verschiedene Aktivitäten zur Stärkung der Schiene. Wesentlicher Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der fehlenden Verknüpfungspunkte zwischen Straße und Schiene. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen sieht in der kürzlich beschlossenen Anhebung der Lkw-Maut keinen geeigneten Anreiz für eine Verkehrsverlagerung. Vielmehr müssen die Rahmenbedingungen im Schienenverkehr verbessert werden.

Die in Thüringen umgeschlagenen Gütermengen haben sich in den letzten 20 Jahren kaum verändert. In Südthüringen ist bis 2030 nur mit einem geringen Zuwachs des Schienengüterverkehrs (SGV) zu rechnen. Dies zeigt eine Studie der FH Erfurt. Daher ist nicht zu erwarten, dass in Thüringen die Ziele des Masterplans Schienenverkehr der Bundesregierung erreicht werden. Darin ist vorgesehen, dass der Marktanteil des Schienengüterverkehrs von 18 Prozent auf 25 Prozent bis zum Jahr 2030 zunimmt.

Die FH-Studie identifizierte 106 große Unternehmen in Thüringen (mind. 250 Beschäftigte) mit potenziellem Bedarf an Schienengüterverkehr. Unter Berücksichtigung weiterer Standortfaktoren wie Lage zum Schienennetz hätten lediglich 34 Thüringer Unternehmen tatsächlich günstige Bedingungen für die Nutzung der Schiene. Von Seiten potentieller Neukunden werden in diesem Kontext verschiedene Hemmnisse genannt. Dazu zählen u.a. eine mangelnde Flexibilität, ein erhöhter logistischer Aufwand sowie fehlende Gleisanschlüsse und Zugangspunkte zum Netz. Große Unternehmen mit hohem Güteraufkommen sorgen für eine ausreichende Grundlast im Netz. Diese wird benötigt, um den Bahntransport auch für kleinere Unternehmen mit geringeren oder wechselnden Gütervolumina wirtschaftlich attraktiv zu machen.

Ansätze zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur

Die im Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) eingerichtete Stabsstelle „Masterplan Schieneninfrastruktur 2030“ will die infrastrukturellen Defizite angehen, was die IHK Südthüringen sehr begrüßt. Eine Potentialstudie zu Reaktivierungen und Lückenschlüssen im Freistaat ist gerade in Arbeit. Auch der von der IHK Südthüringen seit Jahren unterstützte Lückenschluss der Werrabahn wird darin untersucht. „Die Wirtschaft ist bereit, mehr Transporte über die Schiene abzuwickeln. Dafür müssen jedoch insbesondere für kleinere Unternehmen konkurrenzfähige Bedingungen zum Transport auf der Straße bestehen“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas. Diese Anforderung wurde kürzlich in einer Fachtagung von TMIL und IHK Südthüringen thematisiert.

Gleisanschlussprojekte umsetzen

Ein wesentlicher Knackpunkt ist die in der Landesfläche zu geringe Zahl an Verladestellen, Umschlagplätzen und Containerterminals. Die regionale Transportnachfrage muss gezielt gebündelt werden. In Kombination mit kurzen Vor- und Nachläufen auf der Straße („Letzte Meile“) lassen sich wirtschaftliche Transporte auf der Schiene für einen großen Kreis an Nutzern organisieren. Zwar existieren Förderprogramme des Bundes für Gleisanschlüsse und Umschlaganlagen. Jedoch sind die Zeithorizonte für die Realisierung sind lang. Für Gleisanschlussprojekte sind nach Erfahrungen von DB Engineering & Consulting mindestens 3,5 Jahre zu veranschlagen. „Angesichts des Fehlens von derzeit 60.000 bis 80.000 Berufskraftfahrern in Deutschland und jährlich rund 30.000 Renteneintritten im Straßengüterverkehr ist die Stärkung des Schienentransports ein wichtiger Baustein, um diesem zunehmenden logistischen Engpass zu begegnen. Ein durchschnittlicher 740 m-Güterzug ersetzt rund 50 Lkw. Die Anzahl der Umschlagpunkte Straße-Schiene muss in der Fläche deutlich erhöht und die Verfahren zu ihrer Realisierung müssen beschleunigt werden“, fordert der IHK-Chef.

Reform der Lkw-Maut: Pro und Contra

Bund und Länder haben sich auf eine Anhebung der Mautsätze im Straßengüterverkehr ab dem 1. Januar 2023 verständigt. Ab 2024 sollen zudem auch Fahrzeuge ab 3,5 t zulässiger Gesamtmasse einbezogen werden. Die Mehreinnahmen aus der Maut sollen dann nicht mehr zweckgebunden in die Straße fließen, sondern verkehrsträgerübergreifend aufgewendet werden. „Die Anhebung der Lkw-Maut kommt für die Unternehmen zu einer denkbar ungünstigen Zeit, in der sie dramatische Steigerungen der Kosten u.a. für Energie und Materialien verkraften müssen“, so Pieterwas.

Um einen Verlagerungseffekt auf die Schiene zu bewirken, ist sie zudem ein ungeeignetes Instrument. Die Investition der Mehreinnahmen in die Infrastruktur insgesamt ist hingegen der richtige Ansatz. „Die Mittel müssen gezielt für die Steigerung der Leistungsfähigkeit und Attraktivität der Schiene eingesetzt werden. Gleichzeitig darf jedoch das Straßennetz als Rückgrat des Verkehrssektors nicht vernachlässigt werden. Eine perspektivische Ausweitung der Lkw-Maut auf das untergeordnete Straßennetz lehnen wir entschieden ab“, ordnet Dr. Pieterwas die aktuellen Entwicklungen ein.

Suhl, 7. Dezember 2022

Thomas Leser
Referent Regionalplanung, Handel & Verkehr

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