Finanzlage weiter angegriffen

Jährliche Umfrage zu den Firmenfinanzen der IHK Südthüringen

Nur für sechs von zehn Unternehmen ist die Finanzlage derzeit unproblematisch. Vor einem Jahr war die Situation ähnlich. Dies deutet nur in Teilen auf robuste Firmenfinanzen hin. Zugleich hinterlässt der fortgesetzte Krisenmodus Spuren. Für Teile der Wirtschaft sind Eigenkapital und Liquidität angegriffen. Außerdem bestehen in einzelnen Branchen Probleme mit der Zahlungsmoral der Kunden. Dass die Geldpolitik seit einem Jahr die Zügel anzieht, erleichtert die Lage nicht. Diese Ergebnisse liefert die jährliche Umfrage zu den Firmenfinanzen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen.

Für 58 Prozent der Unternehmen stellt sich die Finanzlage aktuell als unproblematisch dar. Vor einem Jahr waren es 61 Prozent. Das Umfrageergebnis erweist sich somit als nahezu stabil. Jedes vierte Unternehmen meldet einen Eigenkapitalrückgang, vor einem Jahr war jedes dritte Unternehmen betroffen. 22 Prozent der Betriebe berichten von Liquiditätsengpässen. Vor einem Jahr waren es 14 Prozent. 15 Prozent berichten von Forderungsausfällen, vor einem Jahr hatten 13 Prozent Probleme mit der Zahlungsmoral der Kunden.

Die Ergebnisse der Umfrage unterscheiden sich nach Branchen. Während die Finanzlage in der Industrie und unter den Dienstleistern etwas besser als im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt ausfällt, zeigen sich erhebliche Probleme im Bau-, Gast- und Verkehrsgewerbe. In diesen Branchen ist für jedes zweite Unternehmen das Eigenkapital zurückgegangen. Dies kann dramatische Folgen haben. Ohne ausreichendes Eigenkapital können Verluste Unternehmen schnell in eine bedrohliche Schieflage bringen. Forderungsausfälle treten vor allem im Bau- und Verkehrsgewerbe und im Dienstleistungsbereich auf.

Die Bewertung von Finanzierungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr erheblich verschlechtert. Vor einem Jahr gaben 73 Prozent der Unternehmen an, dass es im Rahmen der Aufnahme von Fremdkapital zu keinerlei Beeinträchtigungen komme. Dieser Anteil ist jetzt auf 60 Prozent gesunken. Ursache ist die restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Nach dreizehn Jahren Niedrigzinspolitik geben die Banken nun die Zinssteigerungen an ihre Kreditnehmer weiter. Die Folge: 27 Prozent der Unternehmen sehen ihre Finanzierung durch die Zinshöhe beeinträchtigt, vor einem Jahr waren es nur acht Prozent. Daneben entwickeln sich insbesondere für das Bau-, Gast und Verkehrsgewerbe sowie etliche Dienstleister die Dokumentationspflichten zu einer Belastung.

„Solange die Finanzen vieler Unternehmen angespannt sind, befinden wir uns in einer Wirtschaftskrise. Firmen mit einer schlechten Eigenkapitalausstattung sind angreifbar im Fall kurzfristiger Schocks auf den Märkten. Solche Unternehmen expandieren nicht, sondern konsolidieren ihre Finanzen. Die Geldpolitik der EZB wirkt in die gleiche Richtung. Sie ist zwar notwendig, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Zugleich bekommen die Unternehmen aber den geldpolitischen Transmissionsmechanismus zu spüren, der sich in einer Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität äußert. Geldpolitische Entscheidungen wirken langsam. Wir erwarten daher auf der Zinsseite fortgesetzte Anspannung bis hinein ins nächste Jahr“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

„Insgesamt betrachtet wirkt die Belastung durch den höheren Spitzensteuersatz jedoch stärker als die Entlastungen auf lokaler Ebene. Gelangen diese Vorschläge ins CDU-Grundsatzprogramm, gefährden politische Entscheidungsträger jeglicher Couleur den Standort Deutschland“, so Dr. Pieterwas.


Suhl, 24. Mai 2023

Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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