Halbe Kraft voraus - Fahrt auf Sicht

Konjunkturbericht Herbst 2019 der IHK Südthüringen

Südthüringer Wirtschaft durch Handelskonflikte, Brexit und Umbruch der
Automobilwirtschaft ausgebremst
Nachfragerisiken nehmen zu
Steuerentlastungen für Unternehmen angezeigt


Die Expansion der Südthüringer Wirtschaft verliert zunehmend an Tempo. Die Region, die häufig das Wirtschaftswachstum des Freistaats Thüringen antreibt, wird von exogenen Faktoren gebremst. US-Handelspolitik, Brexit und die Umstellung der Automobilindustrie auf eine neue Antriebstechnik führen zu erheblichen Auftragsrückgängen für die Industrie. Nach zehn Jahren Wirtschaftswachstum wirkt derzeit lediglich die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stabilisierend. Dies sind die Hauptergebnisse der Konjunkturumfrage Herbst 2018 der Industrie- und Handelskammer Südthüringen (IHK).

Der Konjunkturklimaindikator, ein geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen, sinkt zum dritten Mal in Folge und erreicht mit 97,5 Punkten 14 Punkte weniger als im Frühsommer 2019. Insgesamt können bis zu 200 Punkte erreicht werden. Ein Wert von mehr als 100 Punkten signalisiert eine gute Wirtschaftslage. Der Entwicklungsrichtung des Indikators folgt das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Steigt der Indikator, so steigt auch das BIP – und umgekehrt.

Der Rückgang des Indikators wird hauptsächlich durch die Geschäftserwartungen der Unternehmen getrieben. Zuletzt hat jedoch auch der Anteil der Unternehmen zugenommen, die unzufrieden mit ihrer Lage sind. Aktuell bewerten 43 Prozent der Unternehmen die Lage als gut, 39 Prozent als saisonüblich bzw. befriedigend und 18 Prozent als schlecht. Für die kommenden Monate erwarten 8 Prozent bessere Geschäfte, 60 Prozent eine unveränderte Entwicklung und 32 Prozent eine Verschlechterung.

„Die aktuelle Wirtschaftsentwicklung wird von der Industrie angeführt. Deren Dienstleister, wie z. B. der Großhandel oder die Fuhrunternehmer, müssen daher mit weniger Gütervolumen umgehen, Baugewerbe und Planer müssen jetzt weniger Betriebserweiterungen organisieren. Die Summe macht’s. Die Unsicherheiten aus dem Brexit ließen sich beispielsweise verschmerzen, doch es gibt zudem den amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt und eine heimische Automobilindustrie, die sich vollkommen neu aufstellt. Die Kapazitäten sind zwar noch ganz gut ausgelastet, doch jeder zweite Industriebetrieb verfügt über weniger Aufträge als vor einem Jahr“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Für das Verkehrsgewerbe ist bereits jetzt das Transportvolumen im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Jeder zweite Betrieb berichtet von Einbußen. Vor diesem Hintergrund gewinnen die laufenden Kosten für Kraftstoffe, Energie und Personal für die Betriebe an Bedeutung. Die scharfe Konkurrenz in der Branche tut ein Übriges: Zwar wollen 23 Prozent der Unternehmen Preissteigerungen vornehmen, doch 18 Prozent stellen sich auf Preisnachlässe gegenüber ihren Kunden ein.

Auch der Großhandel mit Maschinen, Halbwaren und Rohstoffen hat an Dynamik verloren. Zugewinne gibt es dagegen im Einzelhandel und im Gastgewerbe. Beide Branchen profitieren vom kräftigen Jobwachstum und den höheren verfügbaren Einkommen der Verbraucher.

Auch das Baugewerbe ist stark ausgelastet. Jeder zweite Betrieb benötigt vier Monate und länger, um bereits eingegangene Aufträge abzuarbeiten. Kundengruppe dieser Branche sind Endverbraucher ebenso wie Unternehmen und der Staat. Ähnlich breit aufgestellt ist die Dienstleistungswirtschaft. Einzelne Wirtschaftszweige wie Information und Kommunikation und das Wohnungswesen melden Verbesserungen. Die meisten Unternehmen gehen jedoch davon aus, dass in diesem Jahr das Maximum erreicht wurde.

„Jeder Aufschwung geht einmal zu Ende. Hierbei können wir sehr froh sein, dass uns Überhitzungserscheinungen wie in früheren Boomphasen erspart geblieben sind. Es gibt kaum Inflation, die Reallöhne steigen und die Kaufkraft der Beschäftigten verbessert sich. Außerdem sind die Zinsen weiterhin niedrig und erleichtern Investitionsentscheidungen ebenso wie den Erwerb langlebiger Konsumgüter. Wir gehen davon aus, dass die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle in den nächsten Monaten überprüfen werden, dass sich zugleich aber Verdienst- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Facharbeiter und Spezialisten nicht verschlechtern“, so Dr. Pieterwas.

Grund sind die weiterhin erheblichen Fachkräfteengpässe der Unternehmen. 66 Prozent bewerten es als Geschäftsrisiko für den Betrieb, wenn wesentliche Stellen unbesetzt sind. Dessen ungeachtet ist wegen der Wirtschaftslage nur in wenigen Unternehmen mit Neueinstellungen zu rechnen. 8 Prozent erwarten einen wachsenden Personalbestand, 16 Prozent gehen von einem geringeren Personaleinsatz aus. Vermutlich werden viele Unternehmen nicht jede Stelle nachbesetzen, die altersbedingt oder durch berufliche Umorientierung in nächster Zeit frei wird. Zugleich bleibt die Investitionsneigung hoch. Vier von fünf Unternehmen planen Investitionen, die neben Modernisierung vor allem kostensenkenden Maßnahmen gewidmet sind.

Neben Risiken auf dem Arbeitsmarkt nehmen auch die Absatzrisiken zu. 52 Prozent der Betriebe fürchten Absatzschwankungen im Inland, 46 Prozent der Industriebetriebe zudem die Nachfrageentwicklung aus dem Ausland. Die Politik muss daher die Angebotsbedingungen für die Wirtschaft verbessern. Bürokratieabbau und die Ausschüttung von Reserven im Bundeshaushalt und in der Sozialversicherung an Firmen und Beitragszahler sollten jetzt ganz oben auf der Agenda der Bundes- und Landesregierung stehen.

Suhl, 25.10.2019

Katja Hampe
Referatsleiterin Öffentlichkeitsarbeit | Mitgliederkommunikation

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