Keine Pflicht des Arbeitgebers Gewerkschaftsinformationen per E-Mail an Arbeitnehmer im Home-Office weiterzuleiten
Der Arbeitgeber ist bei einer Corona-bedingten Beschäftigung der Arbeitnehmer im Home-Office nicht verpflichtet, Informationen einer Arbeitnehmervereinigung an die dienstlichen E-Mailadressen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer zu versenden. So entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn am 11.05.2022, Az. 2 Ca 93/22.
Im streitgegenständlichen Fall war der Kläger eine bei dem Arbeitgeber vertretene Arbeitnehmervereinigung. Der Arbeitgeber gewährt den bei ihm vertretenen Arbeitnehmervereinigungen die Möglichkeit, im Intranet Informationen zu veröffentlichen und auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Aufgrund der Corona-bedingten Beschäftigung der Arbeitnehmer im Home-Office möchte der Kläger den Arbeitgeber gerichtlich dazu verpflichten, dass dieser E-Mails mit einem von dem Kläger gestalteten Inhalt an alle bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer versendet.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. In seinen Gründen führte das Gericht folgendes aus:
Es besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, E-Mails mit einem von einer Arbeitnehmervereinigung gestalteten Inhalt an alle bei dem Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer zu versenden. Grundsätzlich schützt Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz (GG) die Betätigungsfreiheit einer Arbeitnehmervereinigung und hierüber u. a. auch die Mitgliederwerbung und Information über ihre Aktivitäten. Soweit jedoch die Arbeitnehmervereinigung für ihre Betätigung auf die Inanspruchnahme von Betriebsmitteln angewiesen ist, bedarf es einer Abwägung zwischen dem Interesse der Arbeitnehmervereinigung an einer möglichst umfassenden Information der Arbeitnehmer zu ihren Aufgaben und Leistungen zwecks Mitgliederwerbung einerseits und dem Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf und der Vermeidung der übermäßigen Inanspruchnahme seiner Ressourcen andererseits.
Bei dieser Abwägung ist eine Gewerkschaft nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) berechtigt, selbst E-Mails, auch ohne Einwilligung des Arbeitgebers, an die ihr bekannten dienstlichen E-Mailadressen ihrer Mitglieder zu versenden. Das Begehren des Klägers geht hierüber jedoch weit hinaus, da dem Arbeitgeber eine aktive Handlungspflicht auferlegt würde. Zudem wäre der Arbeitgeber zu der Verwendung eigener Ressourcen im Interesse der Arbeitnehmervereinigung gezwungen, da er u. a. den E-Mailversand organisieren müsste und die Arbeitnehmer unabhängig davon, ob sie Mitglieder der Arbeitnehmervereinigung sind, die E-Mails während ihrer Arbeitszeit zur Kenntnis nehmen würden. Da der Arbeitgeber der Arbeitnehmervereinigung vorliegend über das Intranet bereits Zugangsmöglichkeiten zu allen im Home-Office beschäftigten Arbeitnehmern verschafft hat, ist ein Versand von E-Mails mit Informationen über die Arbeitnehmervereinigung durch den Arbeitgeber zur Wahrnehmung der Rechte aus Artikel 9 Absatz 3 GG nicht erforderlich. Hierdurch würde das Recht des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf übermäßig beeinträchtigt.

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