78 Prozent der Azubis im Wunschberuf

Berufsbildungsbericht und Azubi-Umfrage 2022

Jedes Jahr im Mai wird der Berufsbildungsbericht veröffentlicht und gibt einen Überblick zur aktuellen Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Weitere Informationen und Analysen werden vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) im Datenreport zum Berufsbildungsbericht zeitgleich veröffentlicht.

Laut dem diesjährigen Berufsbildungsbericht hat die Pandemie nicht zu einer Erhöhung der Vertragslösungen geführt. Das trifft auch auf den Kammerbezirk der IHK Südthüringen zu. Allerdings werden weniger Verträge geschlossen. Zum 31. Mai 2022 lag die Anzahl an abgeschlossenen Ausbildungsverträgen mit 282 auf dem Niveau des Vorjahre 2021 (281) und 2020 (292). Allerdings hat die Corona-Pandemie den Ausbildungsmarkt stark geschwächt. Im Mai 2019 registrierte die IHK Südthürungen 428 Ausbildungsverträge im laufenden Jahr, d.h. rund ein Drittel mehr.

Umso wichtiger ist es für den Südthüringer Ausbildungsmarkt, dass die Maßnahmen der Berufsorientierung endlich wieder stattfinden. Besonders Praktika sind in diesem Zusammenhang wichtig, wie die jüngste Azubi-Umfrage der IHK ergab.

Azubi-Umfrage der IHK Südthüringen

In diesem Frühjahr haben die Industrie- und Handelskammern aus den neuen Bundesländern wieder eine Umfrage unter den Auszubildenden durchgeführt. 78 Jugendliche haben sich aus Südthüringen daran beteiligt. Die Südthüringer Ergebnisse bieten hilfreiche Erkenntnisse für die Ausrichtung des Azubi-Marketings in den kommenden Monaten in unserer Region.

  1. 78 Prozent der Auszubildenden gaben an, ihren Wunschberuf zu erlernen. Für fast 65 Prozent der Befragten ist es die erste Ausbildung. Knapp 27 Prozent haben bereits eine Ausbildung und rund 10 Prozent ein Studium abgebrochen. Diese Personen gilt es aktiv in der Phase ihrer beruflichen Orientierung zu unterstützen und bestehende Angebote u.a. für Studienabbrecher und -zweifler unbedingt beizubehalten und ggf. auszubauen.
     
  2. Berufsorientierung: Praktika sind für potenzielle Auszubildende mit 41 Prozent das mit Abstand hilfreichste Berufsorientierungsangebot. Mehr als 38 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen greifen bei der Recherche zudem auf Medieninformationen aus Online-Recherchen oder sozialen Netzwerken zu. Mehr als 56 ProzentBeruf der Befragten nehmen an Ausbildungsmessen teil oder nutzen die Angebote der Berufsberatung.
     
  3. Entscheidung zur Dualen Ausbildung: Fast alle Jugendlichen haben sich für eine Ausbildung entschieden, weil ihnen der Bezug zur Praxis wichtig ist (95 Prozent) und ihre beruflichen Aufgaben ihren Interessen entsprechen (98 Prozent). Aber auch der schnelle Einstieg in den Beruf (88 Prozent) sowie Übernahme- und Karrierechancen (87 Prozent) wurden von den Teilnehmenden der Umfrage als entscheidende Kriterien angegeben. Für zwei Drittel der Jugendlichen spielt bei der Auswahl die Nähe der Berufsschule zum Heimatort eine wichtige Rolle.
     
  4. Ausbildungsbetrieb finden: Nach wie vor werden die meisten Auszubildenden durch ihr direktes Umfeld (Eltern/Verwandte 31 Prozent und Freunde/Bekannte 32 Prozent) auf ihren Ausbildungsbetrieb aufmerksam. Die Nutzung der Internetseiten der Betriebe (23 Prozent) sowie Onlinestellenbörsen (19 Prozent) nahmen im Vergleich zum Vorjahr leicht zu. Über ein Drittel der Jugendlichen halfen Gespräche mit den Vertretern der Agentur für Arbeit. Aber auch Praktika und Ferienjobs gaben den finalen Wink zum Abschluss des Ausbildungsvertrages. 
     
  5. Bewerbung: Schnell zu sein, lohnt sich. Immerhin 51 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen hatten sich bereits bis zum Januar 2021 für ihre im Sommer beginnende Berufsausbildung beworben – also noch ohne das Halbjahreszeugnis. Auch Spätentschlossenen boten sich Chancen. So gaben 21 Prozent der Jugendlichen an, sich noch ab Juli für ihren Ausbildungsplatz beworben zu haben. Auf der anderen Seite haben 71 Prozent der Ausbildungsunternehmen den Mangel auf dem Ausbildungsmarkt richtig erkannt und versendeten ihre Zusage innerhalb eines Monats. 29 Prozent der Unternehmen brauchten dafür länger und müssen ihre Recruiting-Prozessen noch optimieren.
     
  6. Anzahl Bewerbungen: Ein Großteil der Befragten (72 Prozent) musste nur ein bis fünf Bewerbungen versenden, um den gewünschten Ausbildungsplatz zu erhalten. 15 Prozent der Auszubildenden benötigen maximal zehn Bewerbungen für den Vertragsabschluss. Für den Wunschberuf sind in einigen Fällen demnach immer noch größere Hürden zu nehmen.
     
  7. Wohnort: Ausbildungsinteressierte finden fast immer das passende Angebot im Heimatbundesland und in der Nähe zum Wohnort. Nicht einmal 13 Prozent der Auszubildenden haben für die Aufnahme der Berufsausbildung den Wohnort gewechselt. Damit ist der überregionale Wanderungssaldo im Verhältnis zu den Vorjahren weiterhin zurückgegangen. Dies ist ein Beleg für das gesteigerte Ausbildungsmarketing und die gestiegene Attraktivität der regionalen Ausbildungsangebote der Betriebe.
     
  8. Berufsschule: Lange Fahrzeiten zur Berufsschule sind nach wie vor ein großes Thema. Knapp 45 Prozent aller Azubis fährt länger als eine Stunde für eine Strecke von der Wohnung zur Berufsschule. Durch das Ausbildungsplatzprinzip muss die Berufsschule besucht werden, in deren Zuständigkeitsbereich das Ausbildungsunternehmen liegt. Oftmals ist dies nicht die nächstgelegene Berufsschule. Hier ist unbürokratische Abhilfe gefordert. Etwas weniger als die Hälfte der Unternehmen unterstützt die Kosten für den Berufsschulbesuch. Ein Mehrwert, den noch mehr Betriebe für sich umsetzen sollten.
     
  9. Zufriedenheit: 72 Prozent der Auszubildenden würden ihren Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen. Dabei schätzen fast alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen (87 Prozent) besonders das gute Betriebsklima, das gute Verhältnis zum Ausbilder sowie das positive Image des Betriebes. Gut dreiviertel der Jugendlichen bescheinigen ihrem Betrieb die Zahlung einer hohen Ausbildungsvergütung sowie Karriere- und Aufstiegschancen.
     
  10. Corona-Einschränkungen: Auch wenn Ausbildungsbetriebe und Auszubildende des Jahres 2021/2022 bereits von Beginn an mit Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie konfrontiert waren, so bestätigen doch über 88 Prozent der Befragten, dass die Ausbildung im Betrieb zum Befragungszeitpunkt im März 2022 normal weiterläuft. Nur knapp 4 Prozent der befragten Auszubildenden teilten mit, dass ihre Ausbildung zeitweise im Homeoffice bzw. mobilen Arbeiten stattfand.

 

 

Anja Boller
Anja Boller
Abteilungsleiterin Aus- und Weiterbildung

Telefon +49 3681 362-151

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