Digitalisierung: Wie Berufsschulstandorte für die nächsten Jahrzehnte attraktiv bleiben

Das Thüringer Kabinett hat am 20. Juli 2021 zu den Berufsschulstandorten beraten. Absehbar ist, dass die Demografie gleich doppelt zuschlägt. Laut des zuständigen Ministeriums sinke auf der einen Seite die Anzahl der Schulabgänger kontinuierlich, auf der anderen Seite werden 46 Prozent der Lehrkräfte in der kommenden Planungsperiode altersbedingt ausscheiden. In Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen soll eine wissenschaftliche Untersuchung der Hochschule Schmalkalden den Digitalisierungsgrad regionaler Berufsschulen aufdecken. Der verstärkte Einsatz digitaler Lehrmethoden ist für den Erhalt der Berufsschulstandorte in der Fläche entscheidend.

Die duale Berufsausbildung in der Region sichert die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft und trägt zu ihrem Ausbau bei. Dezentrale und wohnortnahe Berufsschulen mit breit aufgestellten Berufsausbildungsangeboten bilden die Basis, um auf die Bedarfe der Wirtschaft zu reagieren. Sie stehen vor vielen Herausforderungen: dynamische Berufs- und Arbeitswelt, Lehrkräftemangel und Mindestklassengrößen.

Zur Stärkung der Berufsschulstandorte in den Flächenregionen, treibt die IHK Südthüringen Überlegungen zum Einsatz digitaler Lehrmethoden voran, bspw. die Anwendung von Blended Learning. Dieses Unterrichtsmodell bot besonders im vergangenen Corona-Jahr die einzige Alternative zum Unterrichtsausfall. Das Konzept soll im Rahmen der Thüringer Digitalstrategie Umsetzung finden und ermöglicht Berufsschülern, den fachtheoretischen Unterricht weiterhin an wohnortnahen Berufsschulen zu absolvieren. Der Fachlehrer steht dabei für einen Teil der Schüler frontal vor der Klasse, für den anderen virtuell. Ein weiterer Vorteil liegt in der Flexibilität: Die Betreuung muss nicht zwingend durch einen Fachlehrer an jedem Schulstandort erfolgen, sondern kann von Lernassistenten übernommen werden. Zudem können die Berufsschulen untereinander das pädagogische Personal für einzelne Fächer tauschen.

„Mit Blended Learning erreichen wir eine Entkopplung der Klassenstärke und der Verfügbarkeit von Fachlehrern in der Fläche, ohne Schulstandorte schließen zu müssen. Aus unserer Sicht müssen die Chancen und Möglichketen digitaler Lern- und Beratungsformen im Zusammenhang mit dem Erhalt der Berufsschulstandorte einerseits und der Umsetzung eines wohnortnahen Zugangs andererseits erkannt und stärker eingesetzt werden“, sagt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Um eine wissenschaftliche Begleitung dieses Vorhabens zu erreichen, greift die IHK auf Ressourcen der Hochschule Schmalkalden zu, die im Rahmen einer Studienarbeit die schulorganisatorischen Voraussetzungen für solch eine Lernform untersuchen wird. Luzy Reinhold, Studentin an der Fakultät Wirtschaftsrecht, wird sich diesem Thema in ihrer Abschlussarbeit widmen. Betreut wird sie von Prof. Dr. Sven Müller-Grune. Für den Dekan der Fakultät und Professor für öffentliches Wirtschaftsrecht schließt sich dadurch ein Kreis: Bei der IHK engagiert er sich seit einigen Jahren in der rechtlichen Fortbildung von Prüferinnen und Prüfern für Ausbildungsberufe. Für das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) bildet er angehende und amtierende Schulleiterinnen und Schulleiter im Schulrecht aus. Beide Institutionen sind ihm daher gut vertraut. „Ich sehe die Hochschule Schmalkalden allgemein und die Fakultät Wirtschaftsrecht im Besonderen in der Verantwortung, den Standort und Wirtschaftsraum Südthüringen aktiv zu unterstützen. Projekte wie dieses leisten dazu einen guten Beitrag“, sagt Prof. Dr. Müller-Grune.

Suhl, 21. Juli 2021

Jan Scheftlein
Jan Scheftlein
Abteilungsleiter Standortpolitik | Existenzgründung und Unternehmensförderung

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