Zukunftssorgen

Konjunkturbericht Herbst 2022 der IHK Südthüringen für den Ilm-Kreis

Die Wirtschaft im Ilm-Kreis ist in guter Stimmung. Allerdings könnten in den nächsten Wochen bislang brauchbare Geschäftsmodelle ins Rutschen geraten, weil vor allem der Einsatz von Energie erheblich teurer wird. Die Unternehmen sind in Sorge, dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Hilfen nicht schnell genug kommen oder nicht ausreichen. Dies zeigt die Konjunkturumfrage Herbst 2022 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen in einer Auswertung für den Ilm-Kreis. 

Problematisch fallen hingegen die Zukunftserwartungen aus. Nur 6 Prozent der Unternehmen gehen von besseren Geschäften aus, 31 Prozent erwarten keine Veränderung und 63 Prozent eine Verschlechterung. Der Konjunkturklimaindikator speist sich als geometrischer Mittelwert aus den Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen. Er geht gegenüber der Umfrage im Frühsommer 2022 um 12 Punkte zurück und erreicht nun 70,5 von 200 möglichen Punkten. Besonders gut laufen die Geschäfte im technologieorientierten Umfeld der Stadt Ilmenau. Hier erreicht der Indikator 77,0 Punkte, den höchsten Wert einer Stadt oder Gemeinde im IHK-Bezirk Südthüringen.

Insbesondere finanzielle Risiken stehen einer unbeschwerten Zukunft entgegen. 86 Prozent der Unternehmen sehen in den Energiepreisen die Hauptgefahr. Die stark gestiegenen Preise für Vorleistungen und Rohstoffe infolge weiterhin gestörter Lieferketten werden von 65 Prozent angeführt. Außerdem sind die Arbeitskosten in diesem Jahr infolge von Tariflohnsteigerungen und der gesetzlich angeordneten dreimaligen Erhöhung des Mindestlohns gestiegen. Für 62 Prozent stellen die Lohnkosten ein Risiko dar, zumal außerdem eine stabile Inlandsnachfrage von 63 Prozent mit einem Fragezeichen versehen wird.

 „Die Politik hat die Warnungen aus der Wirtschaft in den Wind geschlagen und hat an der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auch dann noch festgehalten, als ein explosionsartiger Anstieg der Energiepreise begann. Die Ursache, Russlands völkerrechtswidriger Einmarsch in der Ukraine, wird von der Politik zu Recht verurteilt. Die Bundesregierung lässt jedoch bisher wirtschaftlichen Sachverstand vermissen. Die Zeitenwende ist berechtigt, aber man muss für eine Übergangszeit die Wirtschaft mit großzügigen Entlastungen schützen und zusätzliche Belastungen vermeiden“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Wachsende Unsicherheit ist schlecht für langfristige Planungen. Im Fall von Investitionen setzen Unternehmen eigenes oder bei Banken geliehenes Kapital ein, um noch besser zu wirtschaften oder um zumindest den Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. In den kommenden Monaten wollen lediglich 69 Prozent der Unternehmen investieren, 77 Prozent waren es durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren. Davon reduziert ein Drittel der Betriebe das bisherige Engagement. Hauptmotive stellen die Ersatzbeschaffung für 56 Prozent und die Senkung der Kosten für 23 Prozent dar.

Kostensenkung zeigt sich auch auf dem Arbeitsmarkt. Abgesehen von einigen wenigen Betrieben, die z. T. gerade in Größenordnungen Neueinstellungen vornehmen, verhalten sich viele Unternehmen zurückhaltend. 19 Prozent erwarten, dass sich innerhalb der nächsten Monate die Zahl der Mitarbeiter verringert. Wegen der Fachkräfteengpässe wird dies weniger über aktiven Personalabbau geschehen als über die Nutzung der natürlichen Fluktuation. Renteneintritte und der Weggang einzelner Mitarbeiter führt nicht mehr in jedem Fall zur Stellennachbesetzung.

Zur Information: Basis der Angaben ist eine repräsentative Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen, die vom 12. September bis 6. Oktober 2022 durchgeführt wurde. Zur IHK Südthüringen mit 26.300 Mitgliedsunternehmen gehören auch ca. 6.800 Unternehmen aus dem Ilm-Kreis. Den branchenmäßig größten Anteil stellen die 3.100 Dienstleister mit 15.600 Beschäftigten, gefolgt von 1.700 Handelsunternehmen mit 4.100 Beschäftigten. Zur Industrie gehören im Ilm-Kreis 650 Unternehmen mit 13.500 Beschäftigten.

Suhl, 28. Oktober 2022

Dr. Jan Pieter Schulz
Referent Volkswirtschaft

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