Arbeitsmarkt in Anspannung
Arbeitsmarktumfrage der IHK Südthüringen für den Landkreis Hildburghausen
Knapp 600 Personen waren in 2019 im Landkreis Hildburghausen weniger beschäftigt als ein Jahr zuvor. Dies zeigt eine Anfang Januar veröffentlichte Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Aktuelle Umfrageergebnisse der Industrie- und Handelskammer Südthüringen (IHK) weisen auf einen Arbeitsmarkt in erheblicher Anspannung hin. Bleiben unbesetzte Stellen dauerhaft frei, sinkt die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit jedes zweiten Unternehmens im Landkreis Hildburghausen.
Um 2,8 Prozent ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an den Arbeitsorten des Landkreises zwischen dem 30. Juni 2018 und dem 30. Juni 2019 gesunken. Das ist erstens viel und zweitens weist das Vorzeichen in die falsche Richtung. Eine Erklärung für die rückläufige Beschäftigung ist der zu geringe Zuzug durch Ausländer, um das altersbedingte Ausscheiden der deutschen Arbeitnehmer zu kompensieren. Nach langer Stagnation geht die Zahl der beschäftigten Inländer im Landkreis Hildburghausen immer rasanter zurück. In 2018 verließen 690 Inländer den Arbeitsmarkt des Landkreises. Lediglich 129 Ausländer übernahmen frei gewordene Stellen.
„Die aktuelle konjunkturelle Lage überdeckt die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt in Hildburghausen, bietet aber auch Chancen. Nicht jede frei werdende Stelle muss derzeit sofort wiederbesetzt werden, weil sich punktuell die Auftragslage von Unternehmen verschlechtert hat. Außerdem findet möglicherweise der eine oder andere Auspendler den Weg auf den heimischen Arbeitsmarkt zurück, wenn in den fränkischen Nachbarlandkreisen Industriebetriebe ihre Kapazitäten verkleinern“, erklärt Jan Scheftlein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Trotzdem ist der Arbeitsmarkt in hoher Anspannung. 74 Prozent der Unternehmen melden derzeit Fachkräfteengpässe. 64 Prozent könnten Neueinstellungen vornehmen, doch nur jedem zehnten Unternehmen gelingt dies sofort. 88 Prozent der Unternehmen mit unbesetzten Stellen müssen einstweilen ohne die gesuchten Mitarbeiter auskommen. Die Stellenbesetzung dauert im Durchschnitt mehrere Monate, im Einzelfall auch länger als ein Jahr. In allen diesen Fällen ist im Landkreis Hildburghausen jeweils der höchste Anteil von Unternehmen in Südthüringen betroffen. Dies gilt auch im Fall von erkrankten Mitarbeitern. Für 42 Prozent der Hildburghäuser Unternehmen ist ein zu hoher Krankenstand ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.
Bleiben Stellen längere Zeit unbesetzt, hat dies dramatische Folgen. Natürlich versuchen zwei Drittel der Unternehmen dann, Arbeit zunächst auf die vorhandene Belegschaft umzuverteilen. Darin unterscheiden sich die Betriebe im Landkreis Hildburghausen nicht von den Arbeitgebern in den anderen Südthüringer Landkreisen. Allerdings geben 49 Prozent an, dass ihren Unternehmen ein Verlust an Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit droht, wenn Mitarbeiter fehlen. 53 Prozent müssen Einschränkungen des Angebots vornehmen bzw. Aufträge ablehnen. Letztgenannte Anteile fallen erheblich höher aus als in den anderen Regionen.
An den Strategien zur Mitarbeitersuche liegt es nicht, dass die Unternehmen in den anderen Landkreisen erfolgreicher Beschäftigte gewinnen. Hier sind die Betriebe aus dem Landkreis Hildburghausen sogar breiter aufgestellt als die Wettbewerber. Die drei Hauptstrategien sind wie in den anderen Landkreisen die Suche im eigenen Bekanntenkreis oder dem der Mitarbeiter mit einem Anteil von 84 Prozent der Unternehmen, das Einschalten der Arbeitsagentur mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von 70 Prozent und die Suche über die eigene Website mit einem Anteil von 58 Prozent. Allerdings sind die Arbeitgeber deutlich zeitungsaffiner als in den anderen Regionen: 56 Prozent inserieren auf Stellensuche in der Heimatzeitung, im Südthüringer Durchschnitt sind es nur 35 Prozent.
Ein wichtiger Unterschied liegt hingegen in der Zuwanderung. Dieses Instrument wird in einigen Landkreisen erheblich souveräner eingesetzt, so dass der Ausländeranteil an der Beschäftigung mit 5,2 Prozent der zweitniedrigste in Südthüringen ist. Laut Umfrage haben bisher 31 Prozent der Arbeitgeber Erfahrungen mit ausländischen Mitarbeitern gesammelt, der zweitniedrigste Anteil. Entsprechend gering ist mit einem Anteil von 6 Prozent die Zuversicht, dass mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Fachkräftelücke geschlossen werden könnte. Allerdings ist eine gewisse Zuversicht erkennbar: 37 Prozent wünschen sich mehr Informationen über das Gesetz, der höchste Anteil in Südthüringen.
Hinweis: Basis der Angaben sind die Arbeitsmarktumfrage der IHK Südthüringen 2019 sowie amtliche Daten der Bundesagentur für Arbeit (Statistik der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach ausgewählten Merkmalen zum Stichtag 30. Juni 2018 sowie zum Stichtag 30. Juni 2019).
Suhl, 13.01.2020
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