Kein Zuschuss für Fahrtkosten und auswärtige Unterbringung von Berufsschülern

IHK Südthüringen enttäuscht

Die Thüringer Richtlinie, die Auszubildenden Zuschüsse zu Fahrt- und Unterbringungskosten für die Ausbildung gewährte, ist zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen. Seither beteiligt sich der Freistaat Thüringen nicht mehr an den Kosten für die auswärtige Unterbringung während der Berufsschulblöcke. Die Thüringer Industrie- und Handelskammern (IHKs) hatten sich mit der Bitte an das Thüringer Bildungsministerium gewandt, die Zuschüsse zu reaktivieren. Kürzlich hat das Ministerium dies abgelehnt mit der Begründung, dass neben förderrechtlichen Aspekten auch die Einführung der Mindestausbildungsvergütung zu deutlich verbesserten Rahmenbedingungen für Auszubildende geführt hätte.

Bis auf Thüringen, Bremen und Niedersachsen erhalten die Azubis in allen anderen Bundesländern eine Unterstützung zur Finanzierung von Fahrt -und Übernachtungskosten. Bayern übernimmt die Unter-bringungskosten vollständig, Hessen beteiligt sich mit 20 Euro und Sachsen mit 16 Euro pro Tag an Unterkunft und Verpflegung. In Sachsen-Anhalt gibt es Pauschalen zwischen 45 und 70 Euro pro Blockwoche.

Der Besuch einer Berufsschule gehört zur dualen Berufsausbildung, wobei nicht jeder Auszubildende eine Berufsschule in Wohnortnähe besuchen kann. Geografische Gegebenheiten sowie das Berufsschulnetz in Thüringen erfordern lange Fahrtstrecken und häufig eine auswärtige Unterbringung, teilweise auch außerhalb des Bundeslandes. Jugendliche, die aufgrund ihres Ausbildungsberufes keine Berufsschule in Wohnortnähe besuchen können, sind erheblich benachteiligt, denn dies bringt zusätzliche Kosten für Auszubildende oder ihre Ausbildungsunternehmen mit sich.

Weite Strecken zur Berufsschule und knappe Wohnheimkapazitäten
In vielen Fällen kommt der Ausbildungsbetrieb für die Unterbringungskosten auf, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein. Buchhändler und Fahrradmechatroniker müssen beispielsweise in Leipzig zur Berufsschule gehen. Informationselektroniker werden in Radeberg beschult. Kaufleute für Hotelmanagement müssen nach Pirna zur Schule fahren. Die Schule für den Fotomedienfachmann ist sogar in Kiel. Werkstoffprüfer werden je nach Fachrichtung in Selb oder Halle beschult.

Um die duale Berufsausbildung in Thüringen zu stärken, ist es wichtig, die Kosten für die Unterbringung während der Berufsschulblöcke für Ausbildungsunternehmen und ihre Auszubildenden zu minimieren, auch vor dem Hintergrund gestiegener Kosten in vielen anderen Bereichen. Hier sollten nicht nur die Unterbringungen außerhalb Thüringens, sondern auch alle Unterbringungen im Freistaat gefördert werden. Da Wohnheimkapazitäten vielerorts knapp sind, ist es wichtig, dass nicht nur die Kosten in Berufsschulwohnheimen, sondern auch Kosten für Übernachtungen in der freien Wirtschaft einbezogen werden.

Bildungsministerium, Finanzressort und Rechnungshof erteilen Absage
Die Thüringer IIHKs haben sich für Unterbringungs- und Fahrtkostenzuschüsse in Thüringen eingesetzt. Wie das Bildungsministerium jedoch kürzlich mitteilte, wurde mit dem Thüringer Finanzministerium und dem Thüringer Rechnungshof keine Einigung zur Verlängerung einer Förderung erzielt. Man verwies auf die verbesserten Rahmenbedingungen für Auszubildende mit der Einführung der Mindestausbildungsvergütung im Jahr 2021.

Die Unternehmen in Thüringen suchen händeringend nach Auszubildenden und stehen damit in harter Konkurrenz zu den Unternehmen in den angrenzenden Bundesländern, in denen Auszubildende besser finanziell unterstützt werden. Sowohl in Bayern und Hessen als auch in Sachsen-Anhalt und Sachsen erhalten die Auszubildenden Zuschüsse bei auswärtiger Unterbringung. Für die IHK Südthüringen ist unverständlich, warum die Landesregierung es nicht schafft, Auszubildenden in Thüringen ebenfalls bei auswärtiger Unterbringung unter die Arme zu greifen.

Immerhin greift der Freistaat eine Anregung der Kammern auf: Er wird sich auf Bundesebene dafür einsetzen, nicht nur für Studierende ein vergünstigtes Deutschlandticket einzuführen, sondern dieses im Sinne der Gleichberechtigung auch für Auszubildende zu etablieren.

 Suhl, 19. Juli 2023

Anja Boller
Anja Boller
Abteilungsleiterin Aus- und Weiterbildung

Telefon +49 3681 362-151

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