Benachteiligung wegen des Geschlechts
Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt vor, wenn einem männlichen Bewerber um eine Stelle abgesagt wird mit der Begründung, „unsere sehr kleinen, filigranen Teile sind eher etwas für flinke Frauenhände.“ So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg mit Urteil vom 13.12.2022, Az. 7 Sa 168/22.
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nach einer erfolglosen Bewerbung des Klägers. Der Kläger hatte sich auf eine Stelle als Bestücker für Digitaldruckmaschinen beworben. In der schriftlichen Absage wurde ihm mitgeteilt, dass „die sehr kleinen filigranen Teile“ … „eher etwas für flinke Frauenhände“ sind. Das Arbeitsgericht (ArbG) gab der Klage auf Entschädigung weitgehend statt. Die Berufung der Beklagten hat das LAG überwiegend abgewiesen, lediglich die Höhe der Entschädigung wurde auf das 1,5fache des erzielbaren Bruttomonatsgehalts gesenkt.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Entschädigung. Es liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts vor. Die unterschiedliche Behandlung ist auch nicht zulässig wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder den Bedingungen ihrer Ausübung. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Entschädigungsverlangens ist nicht ersichtlich. Die Berufung meint, aus der Formulierung mit den „flinken Frauenhänden“ lasse sich nicht ableiten, dass der Kläger wegen seines männlichen Geschlechtes benachteiligt worden sei. Mit der Formulierung sei es darum gegangen, die Bedeutung kleiner Hände und feingliedriger Finger für die Arbeit als Bestücker der Digitaldruckmaschinen der Beklagten zu verdeutlichen. Geht man zugunsten der Beklagten und gegen den eindeutigen Wortlaut des Absageschreibens davon aus, dass das Absageschreiben selbst noch keine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Geschlechtes zum Ausdruck bringt, so hat es doch jedenfalls den Charakter einer entsprechenden Indiztatsache nach § 22 AGG. Damit liegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechtes stattgefunden hat, bei der Beklagten. Die Beklagte muss hier den vollen Gegenbeweis führen, dass nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen wurde. Die Beklagte hat hierzu schon nicht ausreichend vorgetragen. Einer Beweisaufnahme bedurfte es deshalb nicht. In der Höhe ist eine Entschädigung in Höhe des 1,5fachen des auf der ausgeschriebenen Stelle erzielbaren Bruttomonatsentgelts ausreichend. Denn die Benachteiligung war weder strukturell verfestigt noch von längerer Dauer.
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