Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb aus betriebsbedingten Gründen

Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Kleinbetrieb ist nicht am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen, denn dieses Gesetz findet auf den Kleinbetrieb (weniger als 10 Mitarbeiter) gemäß § 23 KSchG keine Anwendung. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Arbeitgeber „aus betriebsbedingten Gründen“ kündigt. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf mit Urteil vom 02.08.2022, Az. 3 Sa 285/22.

Der Sachverhalt:

Im entschiedenen Fall stritten die Parteien über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die im Oktober 2021 erklärte ordentliche, fristgerechte Kündigung. Die Klägerin war bei der Beklagten seit 2020 als kaufmännische Assistentin beschäftigt. Es handelt sich um einen Kleinbetrieb i. S. v. § 23 Absatz 1 KSchG. Mit Schreiben vom 29.10.2021 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „aus betriebsbedingten Gründen“. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage, da sie die Kündigung für treu- und sittenwidrig hielt. Denn die Beklagte habe bereits vor der Kündigung per entsprechenden Stellenausschreibungen einen Ersatz für die Klägerin gesucht. Damit lägen nicht die im Kündigungsschreiben genannten „betriebsbedingten Gründe“ vor. Zwar sei der Arbeitgeber im Kleinbetrieb nicht verpflichtet, Kündigungsgründe anzugeben. Gebe er solche allerdings an, müssten sie der Wahrheit entsprechen, anderenfalls verstoße die Kündigung gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auch die Berufung vor dem Landesarbeitsgericht blieb erfolglos.  

Die Gründe:

Die ordentliche, fristgerechte Kündigung vom 29.10.2021 ist nicht am Maßstab des § 1 Absatz 2 KSchG auf ihre soziale Rechtfertigung zu überprüfen, denn diese Norm findet auf den Kleinbetrieb der Beklagten gemäß § 23 Absatz 1 KSchG keine Anwendung. Die Kündigung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht sittenwidrig. Der Willkürvorwurf scheidet aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt. Soweit die Klägerin behauptet, die Angabe von betriebsbedingten Gründen im Kündigungsschreiben stelle vor dem Hintergrund der Stellenausschreibungen eine Lüge dar, beruht diese Wertung maßgeblich darauf, dass sie den Begriff der „betriebsbedingten Gründe“ mit dem der „dringenden betrieblichen Erfordernisse“ i. S. d. § 1 Absatz 2 KSchG gleichsetzt und damit indirekt versucht, doch noch eine Prüfung der Kündigungsgründe am Maßstab eben dieser gesetzlichen Norm zu erreichen, die aber mangels Erfüllung der Voraussetzungen des betrieblichen Geltungsbereichs gerade keine Anwendung im Arbeitsverhältnis der Parteien findet. Die Klägerin lässt dabei außer Acht, dass „betriebsbedingt“ jenseits des Verständnisses der genannten und hier nicht einschlägigen Norm jede durch betriebliche Umstände bedingte Kündigung erfolgen kann. Damit können jegliche Änderungen im Betrieb gemeint sein, ebenso kann damit gemeint sein, dass eine Person aus Sicht des Arbeitgebers nicht mehr „in den Betrieb passt“. Einer Abgrenzung zu personenbedingten oder gar verhaltensbedingten Kündigungsgründen bedarf es außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG nicht. Die Neuausschreibung der Stelle der Klägerin oder jedenfalls von Stellen, deren Tätigkeitsprofil die Klägerin grundsätzlich erfüllen würde, könnte zwar einer zeitgleich erfolgten „betriebsbedingten Kündigung“ im Anwendungsbereich des § 1 Absatz 2 KSchG entgegenstehen, nicht aber einer Kündigung außerhalb dieses Anwendungsbereichs, die allein dadurch, dass ihre betriebsbedingten Gründe keine soziale Rechtfertigung begründen könnten, nicht willkürlich wird.

Holger Fischer
Referent Recht

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