Urlaubsabgeltung: Anrechnung von Urlaubsansprüchen auf neues Arbeitsverhältnis

Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 16.12.2014, Az. 9 AZR 295/13, hatte über den Anspruch eines Arbeitnehmers, der im laufenden Jahr die Arbeitsstelle gewechselt hat, auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs zu entscheiden. Der Kläger war ab dem 12.04.2010 im Lebensmittelmarkt des Beklagten beschäftigt.

Der Beklagte lehnte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die vom Kläger verlangte Abgeltung seines Urlaubs u. a. mit der Begründung ab, dem Kläger sei bereits von seinem früheren Arbeitgeber für das Jahr 2010 Urlaub gewährt worden. Eine Urlaubsbescheinigung seines früheren Arbeitgebers legte der Kläger dem Beklagten nicht vor. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger die beanspruchte Urlaubsabgeltung zugesprochen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hielt den Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers aufgrund einer vertraglichen Ausschlussfrist für verfallen. Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Gemäß § 6 Abs. 1 BUrlG besteht der Anspruch auf Urlaub nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist.

Wechselt ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr in ein neues Arbeitsverhältnis und beantragt er Urlaub, muss er deshalb mitteilen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr noch nicht (vollständig oder teilweise) erfüllt hat. Der Arbeitnehmer kann diese Voraussetzung für seinen Urlaubsanspruch im neuen Arbeitsverhältnis grundsätzlich durch die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung seines früheren Arbeitgebers nachweisen. Dieser ist nach § 6 Abs. 2 BUrlG verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger nach Auffassung des BAG - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - die im Formulararbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist von „mindestens drei Monaten nach Fälligkeit des Anspruchs“ gewahrt. Allerdings sei der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif. Das LAG habe nach der Zurückverweisung der Sache u. a. dem Kläger Gelegenheit zu geben, nachzuweisen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr 2010 nicht (vollständig oder teilweise) erfüllt oder abgegolten hat. Führt der Kläger diesen Nachweis, habe der Beklagte den Urlaub des Klägers abzugelten, soweit er den Urlaubsanspruch des Klägers nicht selbst erfüllt hat.

 

Holger Fischer
Referent Recht

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