Wirtschaftssanktionen

Verschärfung der EU- und US-Sanktionen gegen Russland und Belarus

Unabhängig von den nachfolgenden Detailregelungen empfehlen wir bei Geschäften mit Russland (und Belarus) neben einer grundsätzlichen Markteinschätzung zunächst zu prüfen,

  • ob der Geschäftspartner in Russland (Belarus) von den Sanktionen erfasst ist. Hilfreich dafür sind nach unserer Einschätzung die Finanzsanktionsliste der EU, die EU Sanctions Map und die SDN-Liste der USA.
  • ob Zahlungen überhaupt noch ankommen. Sowohl der Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System als auch die russischen Verbote von Devisentransfers erschweren dies deutlich. Hierzu kann die kontoführende Bank genauere Auskünfte geben.
  • ob bzw. wie bei Warenlieferungen ein Transport möglich ist, insbesondere nachdem russische und belarussische Speditionen Güter in der EU nicht mehr befördern dürfen.

Zahlreiche Unternehmen haben ihre Geschäftsbeziehungen zumindest vorübergehend eingestellt. Es ist mit weiteren Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Belarus zu rechnen. Unter anderem soll für Importe aus Russland der MFN-Status entfallen. Damit könnten die Einfuhrzölle deutlich erhöht werden.

  • Auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA): Häufig gestellte Fragen zu den aktuellen Sanktionsmaßnahmen.
  • Auf der Website der EU-Kommission: Guidance Dokumente für Unternehmen, unter anderem zum Umgang mit dem mittelbaren Bereitstellungsverbot.
  • Auf der Website der Generaldirektion Handel: Frequently Asked Questions zu den Restriktionen des Russland-Embargos in Bezug auf gelistete Dual-Use-Güter und High-Tech-Güter. Eine Korrelationstabelle hilft bei der Klassifizierung der gelisteten High-Tech-Güter anhand der Warennummer.
  • Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) informiert online und unter der Telefonnummer +49 6196 908 1237 zu den Sanktionen.
  • Die EU-Kommission hat ihrer Sanktions-FAQ-Sammlung zu den EU-Sanktionen im Zusammenhang mit Russlands Angriff auf die Ukraine ein neues FAQ-Dokument zum EU-Beförderungsverbot für russ. und belaruss. LKW hinzugefügt. Das Dokument finden Sie unter "E. Other fields".
  • Das EU-Portal Access2Markets wurde aktualisiert und enthält nun für alle betroffenen Länder Informationen zu den EU-Sanktionen. Für Russland ist auch ein Leitfaden beigefügt. Zusammenfassend enthält die Access2Markets-Plattform nun Informationen über:
    • EU-Sanktionen, die in Form eines Haftungsausschlusses für alle Drittländer abgedeckt sind, unabhängig davon, ob es sich um Exporte aus der EU oder Importe in die EU handelt.
    • Sanktionen von Drittländern, die ein Verbot von Einfuhren aus der EU in diese Länder vorsehen; diese sind in den Ausfuhrdatensätzen für "Verfahren und Formalitäten" erfasst.

Beachten Sie, dass A2M noch keine Informationen über von Drittländern verhängte Verbote für Ausfuhren aus diesen Ländern in die EU enthält. Die GD FISMA hat eine funktionale Mailbox RELEX-SANCTIONS@ec.europa.eu für Nutzer eingerichtet, die weitere Fragen zu Sanktionen haben.

Nachfolgend geben wir eine unverbindliche Übersicht der Prüferfordernisse für Güterlieferungen nach Russland. Der Güterbegriff umfasst grundsätzlich Waren, Software und Technologie. Die Ergänzungen der Embargoverordnung (EU) 833/2014 sind fett dargestellt.

Das Prüfschema Güterlieferungen nach Russland (siehe Download) bildet die einzelnen Prüfschritte grafisch dar.

  1. Empfänger in Russland vom Embargo erfasst (Finanzsanktionsliste): wie bislang Verbot, deutlich erweiterter Personenkreis
  2. Rüstungsgüter (Teil 1A Ausfuhrliste): unverändert Verbot
  3. Gelistete Dual-Use-Güter (Anhang 1 EU-Dual-Use-VO): nun grundsätzliches Verbot mit wenigen Ausnahmen und Genehmigungstatbeständen u.a. für Altverträge, die vor dem 26.02. geschlossen wurden (Artikel 2 Abs. 3-5)
  4. Spezielle Güter für die Erdölexploration und -förderung, Anhang II VO 833/2014: Genehmigungspflicht, teilweise Verbot
  5. High-Tech (technologische und militärische Stärkung/Sicherheitstechnik) neuer Anhang VII VO 833/2014: grundsätzliches Verbot, mit wenigen Ausnahmen und Genehmigungstatbeständen u.a. für Altverträge, die vor dem 26.02. geschlossen wurden (Artikel 2a Abs. 3-5) (vgl.VO (EU) 2022/328, ab S. 57) – erweitert mit VO (EU) 2022/576 ab S. 11).
    Anhang VII umfasst  63 Seiten mit Güterbeschreibungen in folgenden Kategorien:
    1. Allgemeine Elektronik,
    2. Rechner,
    3. Telekommunikation und Informationssicherheit,
    4. Sensoren und Laser,
    5. Navigation Luftfahrtelektronik,
    6. Meeres- und Schiffstechnik,
    7. Luft- und Raumfahrt sowie Antriebe
       
  6. Erdölraffination Anhang X (vgl. VO (EU) 2022/576, ab S. 16): eine Seite auf Basis der Warennummer (Kombinierte Nomenklatur): Verbot, in eng begrenzten Fällen Genehmigung möglich, Ausnahme für die Erfüllung von Altverträgen bis 27.05., die vor dem 26.02. geschlossen wurden.
  7. Luft- und Raumfahrt Anhang XI (vgl. VO (EU) 2022/328, ab S. 135): Kapitel 88 komplett. Verbot, Ausnahme für die Erfüllung von Altverträgen bis 27.05., die vor dem 26.02. geschlossen wurden.
  8. Seeschifffahrt Anhang XVI: Ausfuhrbeschränkung von Seenavigations- und Funkkommunikationstechnologie (vgl. VO (EU) 2022/394, ab S. 7)
  9. Luxusgüter gemäß Anhang XVIII (vgl. VO (EU) 2022/428, ab S. 29 erweitert durch VO (EU) 2022/576, ab S. 27)
  10. Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive Anhang XX (vgl. VO (EU) 2022/576, ab S. 29)
  11. Güterliste mit über 650 Positionen aus verschiedenen Segmenten Anhang XXIII (vgl. VO (EU)2022/576, ab S. 34)
  12. Catch-all Genehmigungspflichten EU-Dual-Use Verordnung: unverändert

Ausgenommen sind bei dieser Übersicht Dienstleistungen, die grundlegende Frage der Zahlung sowie der Transport. Bei Lieferungen nach Russland sind bei Zollanmeldungen zusätzlich die neuen ATLAS-Unterlagencodierungen anzuwenden.

Wichtig: Wenn die Ware von einem Verbot erfasst ist, gilt dies regelmäßig auch für Ersatzteillieferungen und technische Unterstützung. Bei bestehenden Altverträgen die Einzelheiten der jeweiligen Ausnahmen prüfen. 


Sanktionen die aktuell gelten

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) hat auf seiner Website alle Sanktionen zusammengefasst, die aktuell gelten.

zum DIHK

Wer Waren vorübergehend nach Russland und Belarus exportieren möchte, für den wird es jetzt schwieriger: Die für eine Freistellung von Abgaben und für eine bürokratiearme Einfuhrabwicklung benötigten Zolldokumente, sogenannte Carnets, können für diese Länder ab sofort nicht mehr ausgestellt werden.

Sollen Güter nur für begrenzte Zeit in Drittländer ausgeführt werden, beispielsweise für Messezwecke, können Unternehmen mithilfe von "Carnets" eine Verzollung vermeiden. Diese Papiere ermöglichen die abgabenfreie Einfuhr, sofern die Waren fristgerecht innerhalb eines Jahres wieder ausgeführt werden.

Als Sicherheit für die Einfuhrländer greift dabei eine werthaltige Bürgschaft. Das heißt: Sollten die Waren nicht ordnungsgemäß wieder ausgeführt werden, werden Einfuhrabgaben fällig, die erstattet werden müssen. Zur Abdeckung des damit verbundenen Risikos werden Kautionsversicherungsverträge mit der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG abgeschlossen.

Euler Hermes hat nun den DIHK informiert, dass aufgrund der EU-Finanzsanktionen bei Carnet-Ausfällen keine Bürgschaftszahlungen nach Russland und Belarus mehr erfolgen. Die IHKs dürfen daher bis auf Weiteres, keine Carnets mehr für die vorübergehende Verwendung von Waren in Russland und in Belarus auszustellen.

Für die Ukraine sind Carnets weiter möglich. Hier empfiehlt der DIHK den IHKs allerdings, sich bis auf Weiteres zusätzlich schriftliche Risikoübernahmeerklärungen von den Carnet-Antragstellern geben zu lassen.

Die aktuelle Ukraine-Russland-Krise hat auch Auswirkungen auf das Präferenzabkommen zwischen der EU und Ukraine.

Am 23. Februar 2022 gab die EU bekannt, dass Einfuhren aller Waren, die in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Oblaste Donezk und Luhansk hergestellt oder aus diesen ausgeführt werden, in die Union keine Präferenzbehandlung zu beantragen haben, denn die Überführung dieser Waren in den zollrechtlich freien Verkehr begründet ab dem 23. Februar 2022 eine Zollschuld.

Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die Bundesregierung am 24. Februar 2022 die Übernahme von Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen), Garantien für Ungebundene Finanzkredite und Investitionsgarantien des Bundes für Russland und Belarus bis auf weiteres ausgesetzt. Am 26. Februar 2022 ist zudem ein EU-weites Verbot von Exportkredit- und Investitionsgarantien  für Russland in Kraft getreten.

Es werden für Russland und Belarus keine Anträge auf Übernahme staatlicher Garantien bearbeitet. Bereits bestehende Exportkredit- und Investitionsgarantien sichern Exporteure, finanzierende Banken und Investoren weiterhin gegen Zahlungsausfälle und politische Risiken in diese Länder ab.

Eine Zusammenstellung aller Informationen, Deckungspraxis, Ansprechpartner, Q&A‘s sowie kostenfreie Webinare finden Sie auf der Fokusseite www.agaportal.de unter  "Fokus" - "Russland-Ukraine".

Tilo Werner
Abteilungsleiter Innovation und Umwelt | International

Telefon +49 3681 362-203

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