Voraussetzungen für die äußere Form eines Arbeitszeugnisses
Bei einem Arbeitszeugnis muss auf den ersten Blick erkennbar sein, wer es ausgestellt und welche Stellung derjenige im Betrieb hat. Infolgedessen ist der Unterschrift regelmäßig der Name des Unterzeichners und ein seine Stellung kennzeichnender Zusatz in Druckschrift beizufügen. Grundsätzlich darf ein Zeugnis zweimal gefaltet werden, um das DIN-A4-Papier in einem herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 02.11.2023, Az. 5 Sa 35/23.
Sachverhalt:
Die Klägerin war bei dem Beklagten von Mai 2017 bis Ende 2021 als Rechtsanwältin mit einer Bruttovergütung von zuletzt 3.798 Euro beschäftigt. Der Beklagte zu 2.) stellte der Klägerin im Januar 2022 ein Arbeitszeugnis aus, das er der Klägerin zweifach gefaltet in einem handelsüblichen Briefumschlag mit Sichtfenster übersandte. Die Klägerin war der Ansicht, dass das Zeugnis in mehrfacher Hinsicht zu berichtigen sei. So gehöre die Privatanschrift eines Arbeitnehmers nicht in ein Arbeitszeugnis. Stattdessen könne das Zeugnis mit einem kurzen Anschreiben, das die Adresse enthalte, übersandt werden. Zudem sei das Zeugnis ungefaltet zu übersenden, da es für spätere Bewerbungen kopierfähig sein müsse. Aufgrund des Faltens könne sich beim späteren Kopieren oder Scannen ein quer über das Blatt verlaufender Balken zeigen, der die Lesbarkeit des Zeugnisses und dessen optisches Erscheinungsbild einschränke. Da der Beklagte zu 2.) seiner Unterschrift im Geschäftsverkehr üblicherweise die Bezeichnung „Rechtsanwalt und Steuerberater“ beifüge, gelte dies auch für das Zeugnis. Das Arbeitsgericht (ArbG) hat der Klage weitestgehend stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war vor dem LAG erfolgreich.
Gründe:
Die Klägerin hat nach § 109 Absätze 1 und 2 der Gewerbeordnung (GewO) einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstellung eines schriftlichen qualifizierten Arbeitszeugnisses. Diesen Anspruch hatten die Beklagten nicht erfüllt. Ein Arbeitnehmer hat zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Übersendung des Zeugnisses, da es sich um eine Holschuld handelt. Dennoch ist die postalische Übermittlung eines Arbeitszeugnisses nicht ungebräuchlich. Sie entspricht häufig dem Wunsch des Arbeitnehmers, da ihm hierdurch weder Kosten noch sonstiger Aufwand entstehen. Im Einzelfall kann sogar ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Übersendung des Zeugnisses bestehen, wenn etwa die Abholung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist. Ein Arbeitszeugnis darf insofern aber ein Adressfeld enthalten, in dem nicht nur der Name des Arbeitnehmers, sondern auch dessen Anschrift angegeben ist. Der äußere Eindruck wird allein durch die Angabe der Anschrift nicht entwertet oder in irgendeiner Weise eingeschränkt. Bei einem Arbeitszeugnis muss ohne weiteres, d. h. auf den ersten Blick, zuverlässig erkennbar sein, wer es ausgestellt und welche Stellung derjenige im Betrieb hat. Aufgrund dessen ist der Unterschrift regelmäßig der Name des Unterzeichners und ein seine Stellung kennzeichnender Zusatz in Druckschrift beizufügen. Die Funktion und die berufliche Stellung des Unterzeichners bzw. seine Stellung innerhalb des Betriebs geben Aufschluss über die Wertschätzung des Arbeitnehmers und die Kompetenz des Ausstellers zur Beurteilung des Arbeitnehmers. Das Fehlen dieser Angaben kann sich als nachteilig für den Arbeitnehmer erweisen. Ein Zeugnisleser muss das Rangverhältnis des Zeugnisausstellers zu dem Arbeitnehmer ohne weitere Nachforschungen aus dem Zeugnis ablesen können. Im Arbeitsleben wird regelmäßig eine Angabe zur Berufsbezeichnung, Funktion und Stellung des Unterzeichners im Zusammenhang mit seiner Unterschrift erwartet. Letztlich darf ein Zeugnis grundsätzlich zweimal gefaltet werden, um das DIN-A4-Papier in einen herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen. Es muss jedoch möglich sein, saubere und ordentliche Kopien oder Scans von dem Zeugnis zu fertigen. Das ist etwa dann nicht gewährleistet, wenn sich z. B. die Falzungen auf den Kopien quer über den Bogen verlaufende Schwärzungen abzeichnen. Dem Arbeitnehmer muss es möglich sein, mit einem handelsüblichen Gerät mittlerer Art und Güte eine Abschrift in Papier- oder Dateiform herzustellen, ohne das Schwärzungen im Bereich der Falzungen sich störend abzeichnen und den optischen Gesamteindruck schmälern.

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