Einwanderung von Fachkräften
Gesetzliche Regelungen
Durch die Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) kann das Einreiseverfahren für Fachkräfte aus Drittstaaten verkürzt werden.
Was ändert sich?
Im neuen FEG werden bereits bestehende Regelungen fortgeführt und teilweise erweitert. Zudem wird es für interessierte Arbeitnehmer aus dem nichteuropäischen Ausland möglich sein, mit einer neuen Chancenkarte nach einem Arbeitsplatz in Deutschland zu suchen. Mit den neuen Regelungen möchte der Gesetzgeber neben beruflicher Qualifikation auch Erfahrung und Potential der Arbeitssuchenden aus Drittstaaten einbeziehen.
Das neue Gesetz besteht aus mehreren Teilen und es tritt sukzessive in Kraft.
Diese Regelungen gelten ab 18. November 2023:
Nach wie vor müssen Staatlich anerkannte Berufsabschlüsse aus dem Ausland in Deutschland anerkannt werden. Gemäß §18a AufenthG ist eine Einreise für qualifizierte Beschäftigung als anerkannte Fachkraft möglich. Ein abgeschlossenes Anerkennungsverfahren ist die Voraussetzung für die Visa-Erteilung. Neu ist, dass bei einer voll gleichwertig anerkannten Berufsqualifikation jede Tätigkeit in einem nicht-reglementierten Beruf ausgeübt werden kann.
Für Fachkräfte mit Hochschulabschlüssen gelten nach wie vor die Regelungen Blaue Karte EU (§ 18g AufenthG). Neu sind hier abgesenkte Gehaltsgrenzen, ein erweiterter Personenkreis, die Ausweitung der Liste der Engpassberufe für die blaue Karte EU sowie neue Regelgungen zur kurzfristige und langfristigen Mobilität. Zudem gibt es Erleichterterungen beim Familiennachzug.
Die beiden zentralen Rechtsgrundlagen für Aufenthaltserlaubnisse für Fachkräfte mit Berufsausbildung (§ 18a AufenthG) und Fachkräfte mit akademischer Ausbildung (§ 18b AufenthG) haben sich in doppelter Hinsicht geändert:
- Erstens hat man nun einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
- Zweitens wird die Beschränkung aufgehoben, dass man nur aufgrund der mit dem Berufsabschluss vermittelten Befähigung arbeiten darf.
Beschäftigung von Berufskraftfahrern (§ 19 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 24a Abs. 1 BeschV)
Die Zustimmungserteilung der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Beschäftigung von Berufskraftfahrern aus Drittstaaten wird erleichtert. Es wird grundsätzlich nicht mehr geprüft, ob die erforderliche EU- bzw. EWR-Fahrerlaubnis und die Grundqualifikation oder die beschleunigte Grundqualifikation vorliegen. Zudem wird die Vorrangprüfung durch die BA gestrichen und es sind keine Sprachkenntnisse mehr vorausgesetzt. Sprachanforderungen liegen im Ermessen des Arbeitgebers.
Was ändert sich ab März 2024 bezüglich Beschäftigung und Anerkennung?
Unter anderem verlängert sich die Aufenthaltsdauer zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen bzw. Durchführung von Anpassungsmaßnahmen (§16 d Abs. 1 AufenthG) auf 24 Monate plus eine mögliche Verlängerung um weitere 12 Monate.
Die Erlaubnis zur Nebenbeschäftigung während der Qualifizierungsmaßnahme wird von 10 auf 20 Stunden in der Woche erhöht.
Zudem führt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz zwei neue Zugangswege zur Erlangung der vollen Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikationen ein:
Einreise und Beschäftigung im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft: Im Gegensatz zu den bisherigen Möglichkeiten zur Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen ist in diesem Fall vor der Einreise das Einleiten eines Anerkennungsverfahrens bzw. das Vorliegen eines Bescheids über die teilweise Gleichwertigkeit nicht erforderlich.
Einreise zur Durchführung einer Qualifikationsanalyse: Anerkennungssuchenden, die für die Feststellung der Gleichwertigkeit ihrer ausländischen Qualifikation nach Einschätzung der zuständigen Stelle eine Qualifikationsanalyse in Deutschland durchführen sollten, kann zu diesem Zweck ein Aufenthaltstitel von bis zu sechs Monaten erteilt werden.
Beschäftigung von Fach- und Arbeitskräften
Sonderregelung bei berufspraktischer Erfahrung: Die Beschäftigung von Personen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung wird erweitert. Die neue Regelung gilt nun für alle nicht-reglementierten Berufe in allen Branchen. Die Anforderung an Personen mit berufspraktischer Erfahrung ist, dass sie einen Berufs- oder Hochschulabschluss vorweisen können. Im Falle eines Berufsabschlusses ist eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erforderlich. Alternativ ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Abschluss einer deutschen Auslandshandelskammer ausreichend. Zudem sind mindestens zwei Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf vorausgesetzt. Die formale Anerkennung des Abschlusses in Deutschland ist nicht erforderlich.
Für IT-Spezialisten (§ 18g AufenthG) wir der Arbeitsmarktzugang zusätzlich erleichtert:
Neu ist, dass IT-Spezialisten künftig eine Blaue Karte EU erhalten können, auch wenn sie keinen Hochschulabschluss besitzen, aber mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können. In diesem Fall gilt die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe (45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung). Weiterhin muss ein Arbeitsplatzangebot mit einer Mindestbeschäftigungsdauer von 6 Monaten vorliegen.
Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland: Ausländische Fachkräfte, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a, § 18b, § 18d oder §18g AufenthG besitzen erhalten bereits nach drei Jahren (vorher vier Jahre) eine Niederlassungserlaubnis in Deutschland. Mit der Blauen Karte EU geht dies sogar noch schneller.
Für Absolventinnen und Absolventen eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland bleibt die aktuelle Sonderbestimmung zur Niederlassungserlaubnis bestehen.
Erleichterungen beim Familiennachzug zu Fachkräften: Wenn Ehegattinnen oder Ehegatten oder minderjährige Kinder zu bestimmten Fachkräften nach Deutschland ziehen, wird künftig auf den Nachweis ausreichenden Wohnraums verzichtet.
Aufenthaltserlaubnis für Inhaberinnen und Inhaber von Gründerstipendien: Zur Gründung eines Unternehmens können Fachkräfte im Sinne des § 18 Abs. 3 AufenthG künftig eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu 18 Monate erhalten, wenn ihnen zu diesem Zweck ein Stipendium einer deutschen Wissenschaftsorganisation oder öffentlichen Stelle gewährt wird.
Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden
Aufenthalt zur Studienplatzsuche mit Arbeitsperspektiven: Neu ist, dass für Studienplatzsuchende die Ausübung einer Nebenbeschäftigung während der Studienplatzsuche im Umfang von 20 Stunden in der Woche ermöglicht wird.
Erweiterte Aufenthaltsmöglichkeiten zur Ausbildungsplatzsuche: Die Altersgrenze für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber wird von 25 auf 35 Jahre angehoben, die Anforderungen an deutsche Sprachkenntnisse werden auf Niveau B1 (GER) abgesenkt. Die bisherige Höchstaufenthaltsdauer von sechs Monaten wird auf neun Monate erhöht. Darüber hinaus können Personen mit diesem Aufenthaltstitel eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden in der Woche sowie Probebeschäftigungen von bis zu zwei Wochen ausüben.
Erweiterte Möglichkeiten der Nebenbeschäftigung für Auszubildende: Künftig werden bei allen Berufsausbildungen Nebenbeschäftigungen von bis zu 20 Stunden pro Woche möglich sein.
Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung
Sobald die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein bedarfsorientiertes Kontingent festlegt, können interessierte Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis oder eine Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel für Arbeitskräfte aus dem Ausland beantragen.
Weitere Neuerungen treten ab Juni 2024 in Kraft.
Hierzu gehören die Einführung der Chancenkarte zur Jobsuche und eine Entfristung der Westbalkanregelung.
Gerne stehen Ihnen auch unsere Unternehmensberater telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.
Unter Fachkräften sind Personen zu verstehen, welche einen Hochschulabschluss oder eine qualifizierte Berufsausbildung vorweisen können. Die Ausbildungsdauer muss mindestens zwei Jahre betragen haben. Qualifizierte Fachkräfte in Ausbildungsberufen können eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Deutschland erhalten. (§§ 18 bis 18b AufenthG).
Einreise verkürzen: Das beschleunigte Fachkräfte-Verfahren
Es ist möglich das Einreiseverfahren für Fachkräfte aus dem Ausland zu verkürzen. Arbeitgeber können, sofern ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt, bei der zuständigen Ausländerbehörde in Vollmacht des Ausländers ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren beantragen. Damit soll sich die Dauer des Anerkennungsverfahrens auf zwei Monate verkürzen. Auch das Verfahren zur Anerkennung der ausländischen Qualifikationen kann dadurch beschleunigt werden. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt 411 Euro. Eine Visumsgebühr i. H. v. 75 Euro sowie weitere Gebühren für die Anerkennung der ausländischen Qualifikation fallen gesondert an.
- Unternehmen schließen eine Vereinbarung mit der Ausländerbehörde. In der Regel handelt es sich um die „zentrale Ausländerbehörde“ des Bundeslands. In Thüringen gibt es aktuell keine zentrale Behörde. Deshalb kontaktieren Sie die örtlich zuständige Ausländerbehörde und bitten um ein Beratungsgespräch.
- Die Vereinbarung mit der Ausländerbehörde beinhaltet die Bevollmächtigung und Verpflichtungen des Arbeitgebers, der Fachkraft und aller beteiligten Behörden sowie eine Beschreibung der weiteren Abläufe inklusive Fristen und Beteiligten. Hinzu ist im Verfahren eine Kopie des Reisepasses erforderlich.
- Die Ausländerbehörde leitet das Anerkennungsverfahren ein, unterstützt Unternehmen während des Verfahrens und holt die Zustimmung der Agentur für Arbeit ein. Diese ist bei der Einwanderung von IT-Spezialisten ohne formellen Abschluss oder bei der Einschätzung von konkreten Arbeitsplatzangeboten bedeutsam (§81a (3) S. 4 AufenthG).
- Da es in Deutschland keine zentrale Stelle gibt, die für Anfragen zur Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zuständig ist, wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung das Portal „Anerkennung in Deutschland“ aufgebaut. Dort sind die zuständigen Stellen sowie Antworten auf Ihre Fragen zu finden. Für die Gleichwertigkeitsprüfung sind nach dem Berufsqualifikationsgesetz die Kammern zuständig. Die IHK Foreign Skills Approval (IHK FOSA) ist das bundesweite Kompetenzzentrum deutscher Industrie- und Handelskammern zur Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsabschlüsse.
- Sofern eine Zustimmung über die Gleichwertigkeit vorliegt und die übrigen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, gibt die Ausländerbehörde eine Vorabstimmung und veranlasst einen Termin bei der für den Antrag des Visums innerhalb von drei Wochen (§81a Abs. 6 AufenthG). Die Vorabzustimmung wird dem Arbeitgeber zur Weiterleitung an die Fachkraft zugesendet.
- Stellt die zuständige Stelle fest, dass keine Gleichwertigkeit gegeben ist, diese jedoch durch Qualifizierungsmaßnahmen erreicht werden kann, so kann das Verfahren nach §81a AufenthG fortgeführt werden. Als Ziel der Einreise ergibt sich in diesem Fall eine nachträgliche Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gemäß §16d AufenthG. Nach dem Antrag des Visums wird innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung getroffen.
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren umfasst bei gleichzeitiger Antragstellung auch den Ehegatten sowie minderjährige ledige Kinder der Fachkraft, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Familiennachzug erfüllen. Vor Ort erhalten die Bewerber von der Ausländerbehörde ihren Aufenthaltstitel, welcher auch die Beschäftigungserlaubnis umfasst. Die Ausstellung des Aufenthaltstitels (eAT) erfolgt als Plastikkarte im Scheckkartenformat.
Nach Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wird die Nettoeinwanderung aus den EU-Staaten in den nächsten zwei Dekaden auf 20 bis 25 Prozent des heutigen Niveaus sinken. Deutschland benötigt somit Einwanderer aus Drittstaaten, um das durch den demografischen Wandel abnehmende Erwerbspersonenpotenzial zu begrenzen. Auch bei der Arbeitssuche ist die Anerkennung des Berufsabschlusses wichtig.
Gerade für kleine und mittlere Unternehmen können sich durch eine qualifizierte Migration erhebliche Chancen ergeben. Antragsteller sollten auf die Vollständigkeit der Dokumente achten, da sich die Bearbeitung sonst verzögert. Unter Einbeziehung aller Entscheidungsfristen ist mit einer Verfahrensdauer von etwa vier Monaten zu rechnen.
Tipp: Vereinbaren Sie bereits im Voraus, ob das Unternehmen, die Behörde oder der Migrant die Kosten für eine Nachqualifizierung oder einen Sprachkurs trägt. Nutzen Sie die Beratungsangebote der Agentur für Arbeit, der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) oder kontaktieren Sie uns.
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