Rechtsprechung zum Energierecht
Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick zu gerichtlichen Entscheidungen/Verfahren mit unternehmensrelevanten Kontext im Energiebereich.
Zum Begriff der Kundenanlage:
Im deutschen EnWG wird in § 3 Nr. 24a EnWG der Begriff der Kundenanlage definiert. Sofern eine solche Anlage vorliegt normiert § 3 Nr. 16 EnWG, dass diese nicht zum Energieversorgungsnetz zählen und die Betreiber keine VNB gem. § 3 Nr. 3 EnWG sind. Darausfolgend unterliegen sie auch nicht der Regulierung gem. §§ 11 ff. EnWG.
Ausgangssachverhalt:
Hintergrund dieser Entscheidung war die Rechtsbeschwerde eines Energieversorgers. Das Unternehmen betreibt zwei BHKW mit denen mehrere Wohnblöcke versorgt werden sollten. Es hatte beantragt die beiden Kraftwerke als jeweils gesonderte Kundenanlage an das Netz der Verteilernetzbetreiberin anzuschließen. Dieser Antrag wurde von der Netzbetreiberin abgelehnt, es handele sich um keine Kundenanlage.
Dagegen legte die Betreiberin Beschwerde zur Landesregulierungsbehörde ein. Sowohl die Landesregulierungsbehörde wie auch das OLG Düsseldorf wiesen die Beschwerde der Betreiberin zurück. Dagegen legte das Unternehmen Rechtsbeschwerde beim BGH ein. Zur Klärung des Sachverhalts rufte der BGH mit Beschluss vom 13.12.2022 − EnVR 83/20 den Europäischen Gerichtshof im Rahmen des sog. Vorabentscheidungsersuchens an.
Vorlagefrage:
Der europäische Gerichtshof hat am 28.November 2024 sein Urteil im Fall ENGIE/Deutschland (Az.: C-293723) verkündet.
Im Kern musste der EuGH die Frage klären, ob der nationale Kundenanlagenbegriff gem. § 3 Nr. 24 a EnWG mit den europäischen Vorgaben für Verteilernetze nach der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vereinbar ist. Dem war ein Rechtsstreit zwischen einem Energieversorgungsunternehmen (EVU) und einem VNB über die regulatorische Einstufung zweier von dem EVU betriebener Energieanlagen als Kundenanlagen gem. § 3 Nr. 24 a EnWG vorausgegangen. Ausführlich hierzu in den Rn.: 25-29 der Entscheidung.
Ergebnis:
Im Ergebnis stellte der EuGH eine Unvereinbarkeit des nationalen Kundenanlagenbegriffs gem. § 3 Nr. 24 a EnWG mit den europäischen Vorgaben für Verteilernetze nach der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie fest. Die Gründe zur Entscheidung finden Sie hier.
Folge: Kundenanlage nur ohne Verteilernetz
Infolge dieser Entscheidung wies der BGH die Rechtsbeschwerde vom Untzernehmen mit Urteil vom 13. Mai 2025 zurück. Hierzu führte der BGH wie folgt aus:“ Die hier in Streit stehenden Leitungsanlagen sind nicht als Kundenanlagen gemäß § 3 Nr. 24a EnWG an das Verteilernetz anzuschließen. Die Vorschrift ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass eine Kundenanlage nur dann gegeben ist, wenn sie kein Verteilernetz im Sinn von Art. 2 Nr. 28 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie darstellt. Die Leitungsanlagen der Antragstellerin sind aber Verteilernetze in diesem Sinn. Sie dienen der Weiterleitung von Elektrizität, die zum Verkauf an Endkunden durch die Antragstellerin bestimmt ist. Damit können sie nicht von den für die Regulierung der Netze geltenden Vorschriften ausgenommen werden.“ 8bgh beschluss vom 13. Mai 2025 -
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 13. Mai 2025 - EnVR 83/20
1. Ausgangssituation:
In 2012 hat der BGH in seiner Rechtsprechung zu Rückzahlungsansprüchen bei Preiserhöhungen aufgrund von unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Fernwärmeversorgungsverträge die Ansprüche über die sog. Dreijahreslösung begrenzt. Diese besagt, dass wenn ein Kunde bei einem langfristigen Energieliefervertrag über einen längeren Zeitraum Preiserhöhungen akzeptiert hat, aber später die Unwirksamkeit dieser Preiserhöhungen für frühere Zeiträume geltend machen möchte, wird eine Regelungslücke im Vertrag oft durch eine ergänzende Auslegung geschlossen. Das heißt, der Kunde kann die Preiserhöhungen, die zu einem höheren Preis als dem ursprünglich vereinbarten führen, nicht mehr anfechten, wenn er dies nicht innerhalb von drei Jahren nach Erhalt der Jahresabrechnung getan hat, in der die Preiserhöhung zum ersten Mal berücksichtigt wurde.
2. Die Vorlagefrage des Kammergerichts Berlin
Der 9. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2024 (Aktenzeichen 9 U 1087/20), der sich auf die Rechtsfragen rund um Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen bezieht, im Wege des Vorabentscheidungsersuchens dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG vorgelegt.
Hierbei geht es vor allem um die Vereinbarkeit von nationalen Regelungen (BGB und AVBFernwärmeV) mit dieser Richtlinie, die die Vertragsgestaltung und Preisanpassungen betreffen. Konkret wird gefragt, ob:
- Preiserhöhungen, die vom Kunden längere Zeit hingenommen wurden, nach Ablauf von drei Jahren noch angefochten werden können, dies betrifft die sog. Drei Jahreslösung des BGH
- langjährige Energielieferungsverträge, die unwirksame Preisanpassungsklauseln enthalten, insgesamt unwirksam sind.
- ein Fernwärmeversorger berechtigt ist, unwirksame Klauseln während des Vertragsverhältnisses einseitig anzupassen.
Im zugrunde liegenden Fall streiten die Parteien über die Wirksamkeit und Folgen einer Preisänderungsklausel in einem seit 2012 bestehenden Fernwärmelieferungsvertrag. Die Klägerin macht geltend, dass die Preiserhöhungen unrechtmäßig seien, und fordert Rückzahlungen.
3. Ergebnis
offen
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