ÖPNV muss näher am Menschen sein

IHK Südthüringen zum Ende des 9-Euro-Tickets

Ende August 2022 geht mit dem 9-Euro-Ticket eines der größten verkehrspolitischen Experimente der letzten Jahrzehnte zu Ende. Ein Nachfolgeprodukt ist nicht in Sicht. In Thüringens Süden als ländlichem Raum wurden die Defizite des regionalen öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) noch sichtbarer. Eine aktuelle Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen zeigt, dass sich auch die heimische Wirtschaft Verbesserungen wünscht. Die Landkreise als Träger des ÖPNV müssen den Kunden mehr Angebote machen und den Nahverkehr qualitativ verbessern.

Die ÖPNV-Anbindung ist der überragenden Mehrheit der Unternehmen sehr wichtig oder wichtig. 40 Prozent halten sie für sehr wichtig, 32 Prozent für wichtig, 20 Prozent für weniger wichtig und 8 Prozent für unwichtig. Regional bestehen Unterschiede. Während im Landkreis Sonneberg und der Stadt Suhl gut 80 Prozent der Unternehmen eine ÖPNV-Anbindung als wichtig oder sehr wichtig bewerten, sind es im Ilm-Kreis und Landkreis Schmalkalden-Meiningen 70 Prozent. Im Landkreis Hildburghausen erreicht der Anteil 66 Prozent.

Das Angebot bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück. Lediglich im Ilm-Kreis und in der Stadt Suhl ist die Mehrheit der Unternehmen mit dem Angebot zufrieden. In den anderen Landkreisen stößt das Angebot auf deutliche Ablehnung. Im Landkreis Hildburghausen attestieren 55 Prozent der Unternehmen dem kreiseigenen ÖPNV völliges Versagen, weitere 32 Prozent sind weniger zufrieden. Im Landkreis Sonneberg sind 33 Prozent unzufrieden und 26 Prozent weniger zufrieden. Im Landkreis Schmalkalden-Meiningen sind 27 Prozent unzufrieden und 39 Prozent weniger zufrieden.

„Das ÖPNV-Angebot leistet einen wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung und zur Standortattraktivität. Viele Unternehmen machen die Erfahrung, dass längst nicht alle potenziellen Mitarbeiter über eine Fahrerlaubnis oder ein eigenes Fahrzeug verfügen. Dies betrifft nicht nur Auszubildende, sondern auch Fachkräfte, die händeringend gesucht werden. Auch Kunden können oder wollen nicht immer auf ein eigenes Fahrzeug zurückgreifen. Insbesondere das Gastgewerbe äußert sich vernichtend zum hiesigen ÖPNV. Wir brauchen also endlich ein kundenorientiertes Angebot, das über den Schülerverkehr deutlich hinausgeht, am besten natürlich mit günstigen, bundesweit gültigen Fahrkarten“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Die IHK Südthüringen spricht sich für einen angebotsorientierten ÖPNV mit attraktiver Tarif- und integraler Taktfahrplangestaltung aus. Hierbei sollten Bahn, Bus und innovative neue Angebote optimal verknüpft werden. Im Rahmen der Fahrplangestaltung muss eine Synchronisation mit den Werkszeiten in Industrie- und Gewerbegebieten erfolgen. Auf touristisch bedeutsamen Strecken sollten die Fahrzeuge auch Fahrrädern und E-Bikes bzw. Skiausrüstung transportieren können. Für die notwendige Koordination und finanzielle Unterstützung ist auch das Land gefordert.

Suhl, 25. August 2022

Dr. Ralf Pieterwas
Hauptgeschäftsführer

Telefon +49 3681 362-301

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