Getroffen - und versenkt, wenn Hilfen nicht fließen

IHK Südthüringen fordert zügige Liquiditätssicherung

Der Schutzschirm der Thüringer Wirtschaft steht, doch der Wind pfeift von der Seite hinein und Regenwasser tropft durch seine Löcher. Mit einer Vielzahl von Programmen versuchen Bund und Land in diesem Herbst, die Folgen aus gesundheitspolitischen Anordnungen für die Wirtschaft abzumildern. Das Bemühen, der Wirtschaft zur Seite zu stehen, ist unverkennbar gegeben. Doch die Welt der Unternehmen ist komplizierter als die staatlich aufgesetzten Förderungen. Daher greift nicht immer das Bestellerprinzip. Die Folge sind hohe Kosten für einzelne Unternehmen, die zerzaust im Regen stehen bleiben.

Fünfzig Tage nach Antragstellung fließen erste Abschlagszahlungen der Corona-Überbrückungshilfe II. Das gemeinsame Angebot von Bund und Land soll Corona-bedingte Umsatzrückgänge abfedern und umfasst die Fördermonate September bis Dezember dieses Jahres. Antragsberechtigt sind Unternehmen, die von April bis August 2020 Umsatzeinbrüche im Vergleich zum Vorjahr erleiden mussten: entweder mindestens 30 Prozent oder 50 Prozent in zwei zusammenhängenden Monaten. Wer die Kriterien erfüllt, kann bis zum 31. Januar 2021 über einen prüfenden Dritten (i. S. d. § 3 StBerG: Steuerberater inklusive Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt) Corona-Überbrückungshilfe II beantragen. Betroffene, die auf Bewilligung dieses Zuschusses zu den fortlaufenden Fixkosten, Kosten für die Beratungsleistung des Steuerberaters und Ausgaben für Hygienemaßnahmen warten, müssen in der Zwischenzeit, je nach finanzieller Lage, mit Vermietern, Hausbanken, Krankenkassen und dem Finanzamt verhandeln.

„Wer derartig lange Zeiträume für Entschädigungszahlungen in Kauf nimmt, demonstriert Wirtschaftsferne. Die Umsatzrendite ist von Branche zu Branche verschieden. Nicht jedes Unternehmen verfügt über eine nennenswerte Eigenkapitalbasis. Hinzu kommt, dass längst nicht alle Kosten förderfähig sind. Wer Tilgungsraten und Raten aus Mietkaufverträgen zu begleichen hat, kommt oft nicht ohne Kredite aus – obwohl heute noch gar nicht absehbar ist, wie lange uns die Corona-Pandemie mit ihren teuren Schließungen noch beschäftigen wird“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen.

Geschäftsmodelle, die auf Kante genäht sind und in denen keine großen Reserven entstehen, sind im Kontext der Hilfen nicht vorgesehen. Ersatz gibt es stets nur für Fixkosten. Für den Unternehmerlohn wird auf die Grundsicherung verwiesen. Solo-Selbständige erhalten Wahlrecht und dürfen entscheiden: Landeshilfe in Höhe von 1.180 Euro für die Monate September bis Dezember 2020 oder Grundsicherung. Allerdings muss spitz gerechnet werden, ob sich im Einzelfall die Grundsicherung der Jobcenter eher rentiert als die Landeshilfe.

Außerordentliche Wirtschaftshilfe stockt
Neben die Überbrückungshilfe wurde die sog. Novemberhilfe gestellt, der – vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Kommission – eine Dezemberhilfe folgen wird. Antragsberechtigt sind Unternehmen, die im Zuge des November-Lockdowns schließen mussten. Auch indirekt betroffene Unternehmen, die regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit geschlossenen Betrieben generieren, fallen in die Gruppe der Geförderten. Ersetzt werden 75 Prozent des Umsatzes des Vorjahresmonats; im Fall von Neugründungen zählen auch andere Zeiträume als Bemessungsgrundlage. Über Straßenverkauf können bis zu 25 Prozent des Umsatzes des Vorjahreszeitraums förderunschädlich erzielt werden. Zusätzlich erwirtschaftete Beträge werden angerechnet.

Nach Beobachtungen der IHK Südthüringen können finale Auszahlungen der Novemberhilfe bislang nicht erfolgen, weil die Programmierung der Plattform noch nicht abgeschlossen ist. Stattdessen sollen Betroffene Abschlagszahlungen in Höhe von bis zu 50.000 Euro erhalten. „Vom Weihnachtsgeschäft zehren die meisten Handelsunternehmen und Gastronomiebetriebe das ganze Jahr. Mit dessen Einnahmen werden offene Rechnungen beglichen, Investitionen vorfinanziert und letztlich der Lebensunterhalt von Mitarbeitern und Inhabern bezahlt“, erklärt Dr. Pieterwas, und betont weiter: „Daher ist es kein normales Geschäftsrisiko, wenn dieses Jahr diese Zahlungen weitgehend ausfallen. Der Staat hat Schließungen angeordnet und muss zeitnah garantieren, dass nicht ganze Wirtschaftszweige untergehen.“

Liquiditätssicherung, jetzt!
Inzwischen steht fest, dass die im November angeordneten Schließungen bis in den Januar des kommenden Jahres fortgesetzt werden sollen. Dem Bund scheinen bereits heute die außergewöhnlichen Wirtschaftshilfen vom November und Dezember zu viel. An deren Stelle soll die Überbrückungshilfe III treten, womit auch für das Gastgewerbe gelten würde: Fixkosten statt Umsatzersatz. Für viele betroffene Unternehmen dürfte das nicht auskömmlich sein. Im Gespräch sind daher eine Personalkosten- und Abschreibungspauschale. Und dennoch: „Die Hilfen bleiben lebensfern, wenn Gelder zu spät fließen. Am Ende entscheidet der Zahlungszeitpunkt darüber, ob ein Unternehmen am Markt überlebt oder in die Insolvenz geht“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas.
 

Suhl, 15. Dezember 2020

Dr. Ralf Pieterwas
Dr. Ralf Pieterwas
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