Krise im Tourismus geht ins sechste Jahr

Saisonbericht Tourismus der IHK Südthüringen

Seit der Corona-Pandemie ist das Südthüringer Gastgewerbe aus dem Tritt. Die inzwischen weite Verbreitung von Videokonferenztechnik erübrigt viele Geschäftsreisen. Da zudem viele Firmen wegen der allgemeinen Konjunkturschwäche sparen müssen, haben die Bewirtungen abgenommen. Zugleich hält der starke Anstieg der Lebensmittelpreise auch viele heimische Gäste zurück. Die Saisonumfrage Tourismus der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen zeigt, dass die langersehnte Erholung weiter auf sich warten lässt.

Die im September beendete Sommersaison lieferte immerhin im Beherbergungsbereich einige Lichtblicke. Wie bereits im letzten Jahr zeigte sich jeder dritte Beherbergungsbetrieb mit der Geschäftslage zufrieden. Weitere 39 Prozent stuften die Lage als saisonüblich bzw. befriedigend ein. Die Unternehmen waren zufriedener als in der Sommersaison 2022 und in den Pandemiejahren. Allerdings reichen die Lagebewertungen bei weitem nicht an die Sommer bis 2019 heran. 

Hinzu kommt, dass sich die Geschäfte in der Wintersaison bislang überhaupt nicht erholt haben. Auch für die kommende Saison überwiegen pessimistische Erwartungen. Der Konjunkturklimaindikator, ein geometrischer Mittelwert aus den Lage- und Erwartungseinschätzungen, erreicht lediglich 80,7 von 200 möglichen Punkten.

Gastronomie und Reisemittler im Dauertief

Noch schlechter stellt sich die Situation in den gastronomischen Betrieben dar. Auch hier wird die gerade 
beschlossene Sommersaison ähnlich bewertet wie vor einem Jahr und besser als in den Jahren 2020 bis 2022. Für 27 Prozent liefen die Geschäfte gut und für 39 Prozent saisonüblich bzw. befriedigend. Ausblickend auf die Wintersaison erwartet jedoch jeder zweite Betrieb wieder schlechte Geschäfte. Der Konjunkturklima erreicht daher nur 69,5 von 200 Punkten.

In den Reisebüros und Busbetrieben bewerten 44 Prozent die Geschäftslage als gut. Die Südthüringer haben in dieser und der letzten Sommersaison wieder vermehrt auf die Branche zurückgegriffen. Hier muss man schon sieben Jahre zurückgehen, um noch bessere Lagebewertungen zu finden. Auch in dieser Branche entwickelt sich jedoch die Wintersaison weiterhin schwach und entsprechend fällt der Ausblick auf die kommende Saison aus. Der Konjunkturklimaindikator erreicht hier 81,9 von 200 möglichen Punkten.

„Auch wenn wir jedes Jahr im Winter glauben, alle Welt interessiere sich für unsere Pisten, findet das Übernachtungsgeschäft in Südthüringen ebenso wie in den anderen deutschen Destinationen hauptsächlich im zweiten und dritten Quartal statt. Wir freuen uns daher, dass unsere Wirte in den Sommermonaten wieder etwas bessere Geschäfte gemacht haben. Aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir hinwollen. Weniger Firmenkunden und die nach wie vor zu geringe Ausgabefreudigkeit der Endverbraucher machen es unseren touristischen Leistungsträgern schwer. Wir hoffen auf einen baldigen Konjunkturaufschwung mit besseren Geschäften“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Beherbergungsbetriebe: Gäste bleiben weiterhin aus

Im Vergleich zur Sommersaison konnten lediglich 14 Prozent der Betriebe ihre Umsätze steigern, weitere 42 Prozent erzielten ähnlich hohe Umsätze. Diese Umsatzentwicklung wäre ohne Preiserhöhungen schlechter ausgefallen. Lediglich 6 Prozent erreichten höhere Übernachtungszahlen als in der Sommersaison 2023, für 48 gingen die Buchungen zurück. Ebenso sank die Bettenauslastung.

Da es z. B. bei Lebensmitteln weiterhin erhebliche Preissteigerungen gibt, beabsichtigen 28 Prozent der Betriebe im kommenden Jahr die Weitergabe an die Kunden. Die verhaltene Entwicklung führt dazu, dass lediglich 55 Prozent im kommenden Jahr Investitionen planen, wobei die Ersatzbeschaffung im Zentrum steht. Im Personalbereich erwarten 85 Prozent keine Veränderungen.

Als wesentliches Risiko fassen drei von vier Betrieben die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen auf. Zumindest beim politischen Personal stehen Veränderungen ins Haus. Ob die Betriebe davon profitieren werden, muss sich erst noch zeigen. Ein gewichtiges Risiko stellt außerdem die weitere Kostenentwicklung dar. Besondere Sorgen verursachen die Entwicklung der Lebensmittel und Rohstoffpreise für 69 Prozent, der Energiepreise für 60 Prozent und der Arbeitskosten für 58 Prozent.

Gastronomie: Margen verschlechtern sich

In der Gastronomie konnten lediglich elf Prozent der Betriebe ihre Umsätze im Vergleich zum Vorjahr steigern, für weitere 49 Prozent blieben sie unverändert. Dies ist bedenklich weil es bei vielen Lebensmitteln erhebliche Preissteigerungen gab. So waren Speisefette und Speiseöle in September um 17 Prozent teurer als vor einem Jahr. Die Preise für Mineralwasser, Limonaden und Säfte stiegen um sieben Prozent und die Preise für alkoholische Getränke um sechs Prozent. Für andere Produkte wie Fleisch, Fisch und Gemüse scheint die Inflation langsam abzuebben. 

Gleichwohl haben sich für viele Betriebe die Margen verschlechtert. Dies ist die Folge, wenn weniger Umsatz auf steigende Kosten trifft. Daher planen 42 Prozent der Betriebe in den kommenden Monaten Preiserhöhungen, sofern sich diese auf die Gäste überwälzen lassen. Angesichts schwacher Geschäfte bleiben die Investitionserwartungen für 2025 verhalten. Lediglich 58 Prozent planen Investitionen mit Schwerpunkt Ersatzbeschaffung. Im Personalbereich rechnen 20 Prozent mit abnehmenden Mitarbeiterzahlen, die Mehrheit erwartet keine Veränderungen. 

Die Beschaffung von Lebensmitteln ist stark von Wetterkapriolen abhängig, die zuletzt extremer und weniger planbar geworden sind. Für 80 Prozent der Gastronomen stellt daher die Entwicklung der Lebensmittel- und Rohstoffpreise das Hauptrisiko dar. Weitere wesentliche Risiken bilden die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit 73 Prozent, die Energiepreise mit 68 Prozent und die Arbeitskosten mit 57 Prozent.

Reisemittler profitieren von Fernweh der heimischen Bevölkerung

Die Reisemittler machen die Einwohner Südthüringens zu den Touristen anderswo, wenn diese nicht selbst Buchung und Fortbewegung auf der Reise organisieren. Die Branche steht somit unter erheblicher Konkurrenz durch das Internet und den Individualverkehr. Ein Drittel der Betriebe konnte trotzdem Umsatzsteigerungen verbuchen, für ein weiteres Drittel veränderten sich die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr nicht.

In den kommenden Monaten rechnen drei von vier Unternehmen mit steigenden Preisen. Insbesondere im Fall der Reisebüros werden diese Preissteigerungen nicht von den Leistungsträgern vor Ort gemacht, sondern von Hotels und großen Reiseveranstaltern durchgesetzt.

In der Branche ist der Investitionsbedarf traditionell wenig ausgeprägt. Daher entstehen keine Sorgenfalten, wenn lediglich 44 Prozent der Betriebe fürs nächste Jahr Investitionen planen. Zugleich bleibt die Zahl der Beschäftigten weitgehend stabil. Wegen des demografischen Wandels wird die Personalausstattung jedoch zum Risiko für 57 Prozent. Ebenfalls 57 Prozent sorgen sich wegen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.

Zur Information:
Die Konjunkturumfrage zur Tourismuswirtschaft wird von der IHK Südthüringen zweimal im Jahr organisiert. Die aktuelle Erhebung betrifft den Zeitraum Mai bis September 2024. Es wurden 767 Unternehmen befragt. Die Rücklaufquote beträgt 10 Prozent. Der Saisonbericht Tourismus der IHK Südthüringen ist abrufbar unter: www.suhl.ihk.de/tourismus/daten-und-fakten

Suhl, 18.12.2024

Dr. Jan Pieter Schulz
Referent Volkswirtschaft

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Ricarda Wolff
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