Nachweisprüfung der Soforthilfe des Bundes

Kleinstunternehmen droht finanzielle Schieflage

Soloselbständige und Kleinstbetriebe waren stärker von den staatlichen Corona-Einschränkungen betroffen als mittlere und große Unternehmen. Dies zeigt eine Auswertung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen für die letzten zweieinhalb Jahre. Die stärkere Betroffenheit hat Folgen im Bereich der Finanzierung. Trotz Ankündigung kann die Rückzahlung von Soforthilfen Kleinstunternehmen finanziell bedrohen.

Die Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen zeigt, dass Kleinstunternehmen weniger gut mit den gesundheitspolitisch motivierten politischen Einschränkungen der vergangenen Jahre klarkamen als die Unternehmen insgesamt. Anfang 2020 herrschte noch gute Stimmung. Spätestens seit 2021 ist die Stimmung jedoch im Keller. Anfang 2021 fiel der Konjunkturklimaindikator der IHK Südthüringen für Kleinstunternehmen um 8 Punkte geringer aus als für die Gesamtwirtschaft. Im Sommer 2021 betrug die Abweichung 13 Punkte, Anfang 2022 waren es 9 Punkte. Aktuell hat sich die Stimmung der Kleinstunternehmen der Gesamtwirtschaft wieder angeglichen. Der Konjunkturklimaindikator ist ein geometrisches Mittel aus den Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen und kann maximal 200 Punkte erreichen. Unterschiede bestehen jedoch weiterhin in der Ertragslage. So erzielen derzeit lediglich 27 Prozent der Kleinstunternehmen Gewinne, 51 Prozent arbeiten kostendeckend und 22 Prozent schreiben Verlust. In der Gesamtwirtschaft erzielen 37 Prozent Gewinne, 43 Prozent arbeiten kostendeckend und 19 Prozent machen Verlust.

„Lediglich für jedes zweite Kleinstunternehmen ist die Finanzlage unproblematisch, der Anteil für die Gesamtwirtschaft erreicht 61 Prozent. Insbesondere das Eigenkapital ist in den letzten beiden Jahren häufiger zurückgegangen. Da Kleinstunternehmen ohnehin über geringere finanzielle Mittel verfügen als mittlere und Großunternehmen, sollte im Rahmen der Überprüfung von weiteren außergewöhnlichen Wirtschaftshilfen und deren Rückzahlfristen stärker nach Größe differenziert und die aktuelle Ertragslage berücksichtigt werden“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Die IHK Südthüringen erhält gegenwärtig etliche Anfragen zur Überprüfung der im Frühjahr 2020 beantragten Corona-Soforthilfe des Bundes. Die Thüringer Aufbaubank prüft auf Weisung des Bundes, ob die Unternehmen tatsächlich Liquiditätsengpässe hatten und damit antragsberechtigt zum Erhalt der Soforthilfe 2020 waren. War die tatsächlich erzielten Umsätze höher als befürchtet und lagen zusammen mit der ausgezahlten Soforthilfe über den Kosten, sind Rückzahlungen zu leisten. Das Überprüfungsverfahren ist aus Sicht der IHK Südthüringen unternehmerfreundlich gestaltet und erlaubt großzügige Zeiträume für Rückmeldungen. Allerdings rechnet die IHK Südthüringen damit, dass etliche Kleinstunternehmen im Falle von Rückzahlungen angesichts der noch immer angeschlagenen Finanzlage in eine ernste finanzielle Schieflage geraten.

Auch wenn einige der Rückforderungen sicherlich legitim sind, muss vor diesem Hintergrund stärker überprüft werden, ob Unternehmen überhaupt über entsprechende Reserven verfügen oder durch staatliche Forderungen zur Unzeit in Schwierigkeiten geraten, wenn selbst Ratenzahlungen nicht darstellbar sind. Gleiches gilt für die Verlängerung des erleichterten Zugangs zu Kurzarbeit vom 1. Juli bis 30. September 2022. Hier fallen die höheren Leistungssätze von 70 bzw. 80 Prozent des Nettoeinkommens im Fall eines längeren Kurzarbeitergeldbezugs seit dem 30. Juni 2022 weg. Die Arbeitgeber können den Fehlbetrag für die Mitarbeiter aus eigener Tasche aufstocken, wenn sie vermeiden wollen, dass sich Beschäftigte beruflich umorientieren. Hier ist absehbar, dass Kleinstunternehmen viel seltener dazu in der Lage sein werden als größere Unternehmen. Kleinstunternehmen sind in Deutschland vorherrschend. Nach Angaben des Unternehmensregisters verfügen deutschlandweit 86 Prozent aller Unternehmen über bis zu neun Beschäftigte. Dies gilt auch für Thüringen und Südthüringen. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeiten 18 Prozent der Thüringer Beschäftigten in Kleinstunternehmen. Der Anteil ist etwas höher als in Deutschland insgesamt mit 15 Prozent.

Hinweis: Basis der Angaben zur Geschäfts- und Ertragslage von Südthüringer Kleinstunternehmen, zum Anteil von Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten und zum Anteil der Beschäftigten in Kleinstunternehmen sind die Konjunkturumfrage Frühjahr 2022 der IHK Südthüringen, Daten der Statistischen Ämter des Bundes sowie Daten des IAB-Betriebspanels 2020 / Länderbericht Thüringen.

Suhl, 1. Juli 2022

Dr. Ralf Pieterwas
Hauptgeschäftsführer

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