Wegfall von Netzentgelt-Ausnahmen ist Gift für die Industrie im Hochpreis-Stromland
Strompreise müssen wirksam gesenkt werden
Während die Bundesregierung Entlastungen bei den Strompreisen in Aussicht stellt, plant die Bundesnetzagentur (BNetzA) zugleich eine erhebliche Mehrbelastung für die stromintensive Industrie durch den Wegfall bestehender Netzentgelt-Vergünstigungen. Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen wäre die Umsetzung seitens der BNetzA ein gravierender Rückschritt und beschwert das Vertrauen in politische Zusagen zur Stärkung der Standortattraktivität.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundesnetzagentur eine Neuregelung der individuellen Netzentgelte im Strombereich auf den Weg gebracht. Mit dem für April 2025 angekündigten Vorschlag zur Abschaffung der sogenannten „vermiedenen Netzentgelte“ verfolgt die Behörde nun die Absicht, die Anwendung des § 19 Abs. 3 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) für singulär genutzte Betriebsmittel stufenweise auszusetzen. Ab dem 1. Januar 2026 soll diese Regelung nicht mehr für Weiterverteiler gelten. Für alle anderen Netznutzer wird eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2028 eingeräumt.
„Diese Entwicklung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Unternehmen und erhöht das Risiko einer Verlagerung der Produktion ins Ausland“, warnt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Die seitens der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen zur Strompreisreduzierung, etwa durch eine Senkung der Stromsteuer und eine generelle Reduktion der Netzentgelte, werden ausdrücklich begrüßt.
„Entlastungen beim Strompreis müssen bei den Unternehmen spürbar ankommen und dürfen nicht durch den Wegfall von sinnvollerweise bestehenden Regelungen konterkariert und überkompensiert werden“, fordert Dr. Ralf Pieterwas und betont: „Jetzt braucht es konkrete und verlässliche Schritte: Die Stromsteuer muss auf das europäische Mindestmaß gesenkt, die Netzentgelte reduziert und gedeckelt werden. Noch besser wäre die Übernahme der Netzentgelte in den Bundeshaushalt, wo sie durch die Erlöse aus dem Emissionshandel finanziert werden könnten. Darüber hinaus ist die Versorgungssicherheit mit preisgünstigem Strom durch einen vielfältigen Energiemix sicherzustellen – auch unter Einbeziehung der Kernenergie. Perspektivisch sollten zudem Technologien wie die Kernfusion und andere zukunftsweisende Energieträger konsequent entwickelt und gefördert werden“.
Bei singulär genutzten Betriebsmitteln handelt es sich um Anlagenteile des Stromnetzes, wie Leitungen oder Transformatoren, die ausschließlich durch einen einzelnen Netznutzer beansprucht werden. Diese Regelung betrifft insbesondere große Industrieunternehmen, die über eigene Hoch- oder Mittelspannungsanschlüsse direkt mit Strom versorgt werden. Im Gegenzug entrichten die Unternehmen reduzierte Netzentgelte. Mit dem geplanten Wegfall der Vergünstigung greift die Bundesnetzagentur nun erneut in eine bewährte Systematik für stromintensive Unternehmen ein.
Eine weitere Belastung und fehlende Nachfolgeregelungen über das Jahr 2028 hinaus gefährden die dringend benötigte Planungssicherheit für Investitionen und laufende Transformationsprozesse. Besonders betroffen wären energieintensive Branchen wie die Glasindustrie. Müssten diese künftig das reguläre Netzentgelt entrichten, würde das zu signifikanten Mehrkosten führen.
Suhl, 24. Juni 2025

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