Erdgasknappheit bedroht Produktion und Liquidität der Südthüringer Wirtschaft

IHK Südthüringen warnt vor dem Ausrufen der Alarmstufe am 8. Juli

Angesichts der seit einigen Tagen gedrosselten Gaslieferungen aus Russland hält die Debatte um Maßnahmen zur Gewährleistung der Energieversorgung in Deutschland an. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen begrüßt, dass der stärkere Einsatz konventioneller Kraftwerke für die Bundesregierung kein Tabu mehr ist. Auch die Debatte zur Verlängerung der Laufzeit der verbliebenen Atomkraftwerke muss in Deutschland geführt werden. Mit großer Sorge sieht die Südthüringer Wirtschaft den für den 8. Juli 2022 angekündigten Ausruf der Gas-Alarmstufe.

Seit dem vergangenen Wochenende fließt deutlich weniger Erdgas durch die Ostseepipeline Nordstream 1. Von den reduzierten Lieferungen, die Russland offiziell mit Wartungsarbeiten begründet, sind mehrere europäische Länder betroffen. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, hatte bereits am Sonntag mehrere Maßnahmen angekündigt, um Erdgas einzusparen und die Versorgung in Deutschland zu sichern. U. a. sollen neben Anreizen zu Einsparungen für industrielle Verbraucher auch kurzfristig mehr Kohlekraftwerke anstatt Gaskraftwerken für die Stromproduktion zum Einsatz kommen.

Die IHK Südthüringen sieht den Beschluss ihrer Vollversammlung vom 5. April 2022 in den angekündigten Maßnahmen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zur Sicherstellung der Gasversorgung bestätigt. Das Südthüringer Unternehmerparlament hatte auf seiner Frühjahrssitzung unter dem Aspekt „Nur wer stark ist, kann anderen helfen!“ gegen eine Beendigung der Erdgas-, Erdöl-, Kohle- und Rohstofflieferungen von Russland nach Deutschland votiert. Nach intensiver Diskussion hatte die Vollversammlung zudem beschlossen, die Bundesregierung dazu aufzufordern, die Laufzeit der Atomkraftwerke und der konventionellen Kraftwerke zu verlängern. Dies scheint aufgrund der aktuellen Situation geboten und ist auch technisch und politisch möglich. Denn erstens sind Brennstäbe am Markt verfügbar und müssen nicht von Russland gekauft werden und zweitens dauert die Änderung des Atomgesetzes, was für den Streckbetrieb notwendig wäre, im besten Fall vier Tage.

Die IHK Südthüringen begrüßt das Einsehen der Politik in die notwendige stärkere Nutzung der Kohlekraftwerke, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die verbliebenen russischen Gaslieferungen zur Befüllung der Gasspeicher zu nutzen. „Das ist ein Signal in die richtige Richtung.
Aber mit großer Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass deutsche Spitzenpolitiker inzwischen selbst das Worst-Case-Szenario einer schweren Wirtschaftskrise infolge einer Gasverknappung nicht mehr ausschließen. Dazu trägt auch die Ankündigung zum Ausruf der Alarmstufe im Notfallplan Gas bei“, sagt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Mit der sog. Alarmstufe des Notfallplans Gas können Energieversorger trotz bestehender Verträge die Gaspreise nach eigener Disposition erhöhen und an die Abnehmer weitergeben. Unternehmen wären dann sowohl mit der physischen Knappheit als auch mit nochmaligen enormen Preissteigerungen für Gas konfrontiert. Dies kann in der Konsequenz zu Firmenschließungen führen und treibt in jedem Fall die Inflation nochmals erheblich.

Deshalb appelliert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas erneut an die Politik in Berlin und Brüssel, auf jede Art von kostensteigernden Mehrbelastungen für Unternehmen zu verzichten und stattdessen die preistreibende geopolitische Konstellation des Kriegs in der Ukraine durch Gesprächsaufnahme mit Russland auf diplomatischer Ebene zu entschärfen. „Ich bin davon überzeugt, dass bereits die Ankündigung von Gesprächen die Preisspirale verlangsamen, wenn nicht sogar aufhalten würde“, erklärt Dr. Pieterwas.

Suhl, 22. Juni 2022

 

Dr. Ralf Pieterwas
Hauptgeschäftsführer

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