Long Covid: Sorgen über die Zukunft

Konjunkturbericht zum Jahresbeginn 2021 der IHK Südthüringen für den Landkreis Sonneberg

  • Die Hälfte der Sonneberger Unternehmen plagen Zukunftssorgen
  • Corona beschert dem Landkreis ungewöhnlich hohen Beschäftigungsrückgang
  • Abwerbung über hohe Löhne wird sich zukünftig verschärfen


Die Unternehmen im Landkreis Sonneberg erwarten für dieses Jahr ungünstige Bedingungen. Neben dem Strukturwandel in der Automobilindustrie bereiten vor allem die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt Sorgen. Der Landkreis, der kürzlich noch Vorreiter der Vollbeschäftigung in den neuen Bundesländern war, bekommt es nun mit einem Cocktail aus demografischem Wandel und langfristigen Nachwirkungen der Corona-Pandemie zu tun. Dieser hinterlässt einen schalen Geschmack. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen nach Auswertung der Konjunkturumfrage und der neuesten Beschäftigungsstatistik.

Mit gut einem halben Jahr Verzögerung wurden die Daten zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Landkreises Sonneberg veröffentlicht. Sie zeigen die Auswirkungen des ersten Lockdowns auf den Arbeitsmarkt. Zwischen dem 30. Juni 2019 und dem 30. Juni 2020 schrumpfte die Beschäftigtenzahl um 6,0 Prozent – damit nimmt der Landkreis bundesweit den Spitzenplatz ein. Zum Vergleich: In Thüringen betrug der Rückgang 1,6 Prozent, in Ostdeutschland 0,5 Prozent und im Bundesgebiet 0,3 Prozent. In direkter Nachbarschaft kam es in den Landkreisen Hof mit -5,8 Prozent und Bamberg mit -5,3 Prozent zu ähnlich ungewöhnlich hohen Rückgängen.

Absolut betrachtet nahm die Zahl der besetzten Stellen um 1.306 ab. Die Zahl der Arbeitslosen nahm im gleichen Zeitraum aber nicht in gleichem Umfang zu, sondern lediglich um 385 Personen. Das bedeutet, dass 921 Stellen frei wurden, ohne dass es zu einer Nachbesetzung kam. Nicht immer ist eine solche sofort betriebswirtschaftlich gewünscht, doch die Statistik zeigt tatsächlich einen Rückgang der Zahl der Neueinstellungen um 791 Personen bzw. 49 Prozent. Greifen Lockerungen, fehlen diese Personen auf dem Arbeitsmarkt. Das bedeutet: Wenn Neueinstellungen aufgrund der Corona-Pandemie unterbleiben, spitzt sich die Wettbewerbssituation auf dem Arbeitsmarkt zu. Die Folge: Die Unternehmen sehen sich vor eine Herkulesaufgabe gestellt.

„Jedes zweite Unternehmen betrachtet erkrankte Mitarbeiter als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Entsprechend dünn ist die Personaldecke geworden, da bereits ein grippaler Effekt mit ein paar Tagen Bettruhe zu Stillstand in der Produktion führen kann. Die Unternehmen im Landkreis Sonneberg sind aufgrund des demografischen Wandels zunehmend darauf angewiesen, für frei werdende Stellen Mitarbeiter aus anderen Regionen anzuwerben. Diese Anstrengungen haben mit dem ersten Lockdown nachgelassen. Vor allem im Helferbereich haben Unternehmen Schwierigkeiten diese Stellen nachzubesetzen. Verschärft wird die Situation durch ähnliches Verhalten von Arbeitgebern in Nachbarlandkreisen. Das Thema Abwerbung über höhere Löhne wird an Dramatik zunehmen“, analysiert Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Die Folge: Sorgen über die Zukunft, die sich anfühlen wie die langfristigen Nachwirkungen einer Corona-Infektion, die das Leben noch lange beeinträchtigen können. Bislang gehört der Landkreis Sonneberg zusammen mit dem Landkreis Hildburghausen und dem Ilm-Kreis zu denen, die wirtschaftlich etwas besser durch die Pandemie gekommen sind. So bewerten gegenwärtig 27 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut und 37 Prozent als saisonüblich bzw. befriedigend.

In den kommenden Monaten erwarten jedoch 48 Prozent der Unternehmen schlechtere Geschäfte. Damit liegt der Anteil um 8 Prozentpunkte höher als der Südthüringer Durchschnitt. Dies resultiert mutmaßlich daraus, dass Unternehmen Aufträge werden ablehnen müssen, weil ihnen die erforderlichen Mitarbeiter fehlen. 12 Prozent erwarten bessere Geschäfte, 40 Prozent keine Veränderung. Der Konjunkturklimaindikator, ein geometrischer Mittelwert aus den Lage- und Erwartungseinschätzungen, sinkt auf 75,7 Punkte, 7 Punkte weniger als im Herbst 2020.

Zur Information:
Basis der Angaben ist eine repräsentative Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen, die von Mitte Dezember 2020 bis Mitte Dezember 2021 durchgeführt wurde. Zur IHK Südthüringen mit 27.500 Mitgliedsunternehmen gehören auch ca. 4.100 Unternehmen aus dem Landkreis Sonneberg. Den branchenmäßig größten Anteil stellen die 1.700 Dienstleister mit 6.800 Beschäftigten, gefolgt von 1.100 Handelsunternehmen mit 2.000 Beschäftigten. Zur Industrie gehören im Landkreis Sonneberg 475 Unternehmen mit 9.200 Beschäftigten.


Suhl, 12. März 2021

Dr. Jan Pieter Schulz
Referent Volkswirtschaft

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