Thüringer Landesregierung, es reicht!
IHK Südthüringen fordert sofortigen Paradigmenwechsel in Corona-Krise
Nach einem Jahr Corona liegen die Nerven in Wirtschaft und Gesellschaft in Thüringen blank. Andauernde Schließungen, nicht praktikable Öffnungsszenarien, Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Kinderbetreuung – Unternehmen sind ausgezehrt, Familien verzweifelt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen mahnt: Die Thüringer Landesregierung hat bisher eine Revitalisierung der Geschäfte und gastgewerblichen Einrichtungen nicht in den Abwägungsprozess notwendiger Maßnahmen einbezogen. Wenn ein Kurswechsel jetzt nicht folgt, drohen die Innenstädte zu veröden – und Thüringen stürzt tief in den Abgrund.
Nachdem alle Erwartungen enttäuscht wurden und bis Ende März keine Lockerungen mehr zu erwarten sind, drängt die Südthüringer Wirtschaft mit Nachdruck darauf, spätestens in der nächsten, ab April zu erwartenden Verordnung einen Paradigmenwechsel zu vollziehen.
„Die Geduld der Unternehmen ist erschöpft, jedweder Vertrauensvorschuss in die verschiedenen politischen Ebenen ist verspielt. Wenn man ein Problem erkennbar mit einer Methode nicht in den Griff bekommt, muss man die Methode wechseln. Anstatt Lockdown stehen jetzt Impfen–Testen–elektronische Kontakterfassung und Öffnung von Handel und Gastgewerbe, und damit der Innenstädte, auf der Agenda. Und zwar: nicht irgendwann, sondern sofort! Regionalisierte Öffnungen in Orten mit niedrigen Inzidenzwerten sind zwingend umzusetzen. Wir brauchen keine neuen Ängste. Wir brauchen eine neue Strategie, die Corona als berechenbares Lebensrisiko akzeptiert und das gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Leben wiederherstellt!“, fordert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas.
In diesem Kontext schließt sich die IHK Südthüringen uneingeschränkt den Forderungen der IHK Erfurt an:
1. Nach einem Jahr muss endlich ein verlässlicher Einstieg in den Ausstieg aufgezeigt werden. Es müssen Wege gefunden werden, mit der Pandemie zu leben. Der Bevölkerung muss vermittelt werden, dass es sich nach wie vor um eine ernst zu nehmende Krankheit handelt, es aber inzwischen vielfältige Möglichkeiten gibt, mit denen man sich gut schützen kann.
2. Es bedarf einer Abkehr von der Inzidenz als alleinigem Gradmesser für das Infektionsgeschehen - Indikator für die Bewertung des Infektionsgeschehens muss nun die Zahl der belegten Intensivbetten bzw. der invasiv beatmeten Patienten sein. Und die positiv Getesteten müssen in Relation zu allen Getesteten stehen, um eine Verhältnismäßigkeit herzustellen.
3. Es braucht echte Offenheit gegenüber Modellversuchen in Regionen mit geringem Infektionsgeschehen. Wenn das Land signalisiert, dass es solche Versuche zulassen möchte, müssen die Auflagen praktikabel und zeitnah verlässlich umsetzbar sein.
4. Für die Veranstaltungsbranche ist es notwendig, dass Voraussetzungen festgelegt werden (Negativtest bzw. Impfnachweis + digitale Kontaktnachverfolgung), unter denen Veranstaltungen wieder stattfinden können. Nur so ist eine zuverlässige Planung möglich.
5. Unter diesen Voraussetzungen dürften dann auch wieder Kinos, Theater, Fitnessstudios u. ä. öffnen.
6. Da in Handel und Gastronomie/Hotellerie eine Kontrolle von getesteten bzw. geimpften Personen durch die Unternehmer nicht praktikabel ist, sollte hier unter der Voraussetzung der erprobten Hygienekonzepte dieser Branchen und einer geeigneten Kontaktnachverfolgung geöffnet werden.
7. Jegliche Anstrengung muss auf eine schnellstmögliche Durchimpfung gerichtet werden. Auch wenn das Land nicht für die Anzahl der zur Verfügung stehenden Impfdosen verantwortlich zeichnet: Es kann Einfluss auf das Impfgeschehen genommen werden. Dazu gehört die Einbeziehung von Haus- und Betriebsärzten, das Impfen auch an Wochenenden, die Streckung des Zeitraums zwischen erster und zweiter Impfdose, um schneller eine Teilimmunität der Bevölkerung zu erreichen, und die Lockerung der Impfreihenfolge, damit die Bürokratie nicht das schnelle Impfen verhindert (z.B. in Betrieben oder bei Hausärzten).
8. Nach wie vor stehen vielfach Mitarbeiter in den Betrieben nicht zur Verfügung, weil sie sich 14 Tage in Quarantäne befinden. Thüringen sollte sich der Vorgehensweise anderer Bundesländer anschließen und dann die Quarantänezeit verringern, wenn vorzeitig ein negativer PCR-Test vorliegt.
Suhl, 17. März 2021
+49 3681 362-301