Kriegsfolgen: Südthüringer Mittelstand in Schieflage?

Umfrage der IHK Südthüringen zu den Auswirkungen der russischen Invasion in die Ukraine

Im Frühjahr 2022 haben die Herausforderungen für die heimische Wirtschaft erheblich zugenommen. Wirtschaftliche Einschränkungen infolge der staatlichen Corona-Politik, steigende Energiepreise und der sinkende Euro bestimmten bereits seit Monaten das Bild. Der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 markiert jedoch eine Zeitenwende. Zwar sind nur in wenigen Fällen direkte Engagements in Russland, Weißrussland oder der Ukraine betroffen. Für die Mehrheit der Südthüringer Wirtschaft stellen jedoch gestiegene Kosten für Energie und Vorleistungen eine hohe Belastung dar, zeigt eine Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen.

Vier von fünf Südthüringer Unternehmen sind indirekt vom Krieg oder von den verhängten Sanktionen betroffen. Für weitere 3 Prozent wird die Geschäftstätigkeit in Folge von Sanktionen oder Gegensanktionen beeinträchtigt. Ähnlich ist die Situation in allen Regionen Deutschlands. Allerdings zeigt sich, dass nur sehr wenige Südthüringer Unternehmen direkte wirtschaftliche Beziehungen nach Russland, Weißrussland oder die Ukraine unterhalten. Auf Bundesebene sind 18 Prozent der Unternehmen direkt von den Sanktionen und Gegensanktionen betroffen.

Russland-Ukraine-Krise kommt die Unternehmen teuer zu stehen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges zeigen sich vor allem in gestiegenen Energiepreisen. Mit einem Anteil von 95 Prozent ist hiervon nahezu jedes Unternehmen betroffen. Dass ist umso bemerkenswerter, da mehr als die Hälfte der Südthüringer Unternehmen für dieses Jahr noch kurzfristig Strom bzw. Gas beschaffen muss, wie eine andere aktuelle Umfrage der IHK Südthüringen zu Energiepreisen ergab. Deshalb kommt der Beschaffungsstrategie für Energie in den Unternehmen eine große Bedeutung zu, wobei der Trend zur langfristigen Beschaffung geht.

In Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen des aktuellen Kriegs berichten zwei von drei Unternehmen außerdem von höheren Kosten für Rohstoffe und Vorleistungen. Für 56 Prozent der Unternehmen haben sich Störungen der Lieferkette und der Logistik ergeben. Hier waren allerdings bereits in Folge der weltweiten Corona-Eindämmungspolitik erhebliche Störungen aufgetreten. 44 Prozent der Unternehmen erhalten die für die Produktion notwendigen Rohstoffe und Vorleistungen nicht mehr auf dem Markt. Ein Viertel hat die Produktion verringert oder sogar eingestellt. Ebenfalls ein Viertel berichtet von einer deutlich verschlechterten Finanzlage bis hin zur Insolvenzgefahr.

Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Russland-Ukraine-Krise

Die Umfrage zeigt, dass 73 Prozent der Unternehmen Preissteigerungen an die Kunden weitergeben werden. „In diesen Zeiten müssen die Unternehmen zusammenstehen und Solidarität zeigen. Viele Unternehmen müssen trotz Verträgen die gestiegenen Preise an Kunden überwälzen. Diese Preisüberwälzungen müssen in der B2B-Lieferkette insbesondere durch Großunternehmen und OEMs auch akzeptiert werden. Zugleich gebietet das Prinzip des ‚Ehrbaren Kaufmanns‘ die unverzügliche Weitergabe von Senkungen bei Preisen bzw. staatlichen Abgaben durch Versorgungsunternehmen an gewerbliche und private Kunden“, appelliert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas.

Weitere Strategien der Unternehmen sind ggf. Personalanpassungen durch Kurzarbeit oder die Reduzierung des Personalbestands, die 45 Prozent der Unternehmen vornehmen müssen und die Streichung oder Verschiebung von Investitionen mit einem Anteil 39 Prozent.
In Bezug auf Letzteres rät die IHK Südthüringen den Unternehmen dazu, nicht das Budget für Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien zu streichen, sondern gezielt in die Eigenversorgung mittels Elektroenergie und Prozesswärme zu investieren. „Hier ist die Politik gefragt, denn sie muss Investitionsförderprogramme für Energieeffizienzmaßnahmen und grüne Investitionen in Unternehmen nicht nur bereitstellen, sondern auch auskömmlich dotieren“, so Dr. Pieterwas.

Die Ampelkoalition hat heute eine auf drei Monate befristete Absenkung der Kraftstoffpreise angekündigt.  Danach sollen die Preise für Benzin um 30 Cent je Liter und Diesel um 14 Cent pro Liter durch eine Absenkung der Energiesteuern auf Kraftstoffe auf das europäische Mindestmaß fallen.
„Die angekündigten 14 Cent Steuerersparnis für Diesel reichen nicht aus. Das europäische Mindestmaß für Gewerbediesel liegt bei 2,1 Cent. Damit wären knapp 45 Cent Steuerersparnis pro Liter Gewerbediesel möglich“, fordert Dr. Pieterwas. „Zumindest geht der Vorstoß in die richtige Richtung und begrüßenswert ist auch die geplante Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Damit kann das Bundeskartellamt auf direkte Mengendaten der Mineralölkonzerne zugreifen und damit in Zukunft wirksam die Weitergabe von Preissenkungen im Kraftsstoffbereich durchsetzen“, so Dr. Pieterwas weiter.

Weitere politische Maßnahmen zur Reduzierung der Kostenbelastungen infolge der Ukraine-Krise sieht die IHK Südthüringen in:
•    der Senkung der Energiesteuer für alle fossilen Energieträger Gas, Öl, Kraftstoffe sowie
•    der Senkung der Stromsteuer für Elektroenergie auf das europäische Mindestmaß
•    der schnellen Umsetzung von Beihilfemaßnahmen für von der Krise betroffene Unternehmen sowie in
•    der Verlängerung der Krisenkurzarbeiterregelung einschließlich staatlicher Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge.

Zur Information: Die Blitzumfrage zur Ukraine-Krise wurde vom 15. bis 17. März unter 1.266 repräsentativ ausgewählten Südthüringer Unternehmen durchgeführt. Die Rücklaufquote erreichte 6 Prozent. Basis der Angaben zu Energiekosten und Beschaffungsstrategien für Energie ist eine repräsentative Umfrage unter Südthüringen Unternehmen in der Zeit vom 4. bis 24. Februar 2022.

Suhl, 24. März 2022

 

Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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