Noch mehr Bürokratie im Personalbereich

IHK Südthüringen zum geplanten Pflegeunterstützungs- und Pflegeentlastungsgesetz

Mitten in der Urlaubszeit könnte die Lohnabrechnung klemmen. Genau dies ist in diesem Jahr zu erwarten. Die Juli-Gehälter von vielen Beschäftigten könnten verspätet oder fehlerhaft berechnet ausgezahlt werden. Dies wäre die Folge eines Gesetzes, das das Bundesgesundheitsministerium erarbeitet hat und das zum 1. Juli 2023 in Kraft treten soll.

Das geplante Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege wird die Lohnabrechnung erheblich komplizieren. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen fordert daher,
das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und sein Inkrafttreten zu verschieben.

Notwendig wurde das Gesetz durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022. Das Gericht hatte bemängelt, dass die Beitragsberechnung in der Pflegeversicherung nur zwischen Eltern und Kinderlosen unterscheidet und nicht die Zahl der Kinder berücksichtigt. Der Gesetzgeber wurde dazu verurteilt, bis zum 31. Juli 2023 eine Neuregelung zu schaffen.
Die geplante Neuregelung sieht vor, dass der je nach Kinderzahl unterschiedlich hoch ausfällt. Bislang musste der Arbeitgeber zur Lohnberechnung lediglich wissen, ob seine Mitarbeiter Kinder haben. Mit Inkrafttreten des Gesetzes müssen die Unternehmen auch die Zahl der Kinder und deren Alter kennen. Diese Angaben liegen in der Lohnbuchhaltung regelmäßig nicht vor. Der Gesetzgeber sieht vor, dass die Beschäftigten diese Angaben ihrem Arbeitgeber in geeigneter Form, z. B. mit Vorlage der Geburtsurkunde nachweisen.

„Sonntags reden unsere Politiker von Bürokratieabbau, an den restlichen Tagen werden neue bürokratische Pflichten geschaffen. Diesmal könnte die Regelungswut der Bundesregierung für alle Arbeitgeber und deren Beschäftigten konkret spürbar sein, weil das Gesetz so wie geplant nicht umsetzbar ist und die Löhne im Juli 2023 daher in einzelnen Fällen nicht oder nur als Abschlag ausgezahlt werden können. Denkbar spät wurde das parlamentarische Verfahren begonnen, so dass niemand die Gesetzgebung aufhalten will, weil sonst die gesamte Pflegeversicherung nichtig wäre. In einer solchen Situation gilt es, kühlen Kopf zu bewahren und die verbleibende Zeit auf eine handhabbare Neuregelung zu verwenden“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass bis 31. Juli 2023 ein neues Gesetz beschlossen wird. Im Urteil steht kein Datum, wann dieses Gesetz in Kraft treten muss. Daher besteht kein Grund, das Gesetz bereits zum 1. Juli 2023 scharf zu schalten. Vielmehr sollte die Umsetzungsfrist ausgeschöpft werden. Dies gilt umso mehr, als erst nach Verabschiedung des Gesetzes Updates der Lohnsoftware erfolgen können. Außerdem müssen Daten aller Mitarbeiter genutzt werden, also z. B. auch der Mitarbeiter aus dem Ausland oder der ins Ausland entsendeten Beschäftigten.

Personenstandsregister werden bereits von den kommunalen Standesämtern geführt. Daher besteht keine Notwendigkeit, dass die Unternehmen die Angaben zu Kindern erneut erheben. Die IHK Südthüringen fordert stattdessen die Schaffung einer zentralen Stelle, die von den Standesämtern die Daten zur Kinderzahl und dem Alter der Kinder zusammenträgt und diese Angaben auf digitalem Weg den Arbeitgebern zur Verfügung stellt.

Der Gesetzentwurf sieht folgende neuen Beitragssätze vor. Für Kinderlose beträgt der Beitrag 4,00 Prozent (bisher 3,40 Prozent). Versicherte mit einem Kind zahlen 3,40 Prozent (bisher wie alle anderen Eltern 3.05 Prozent), Versicherte mit zwei Kindern 3,15 Prozent, Versicherte mit drei Kindern 2,90 Prozent, Versicherte mit vier Kindern 2,65 Prozent und Versicherte mit fünf und mehr Kindern 2,40 Prozent. Der Arbeitgeberanteil beträgt 1,7 Prozent, so dass die kinderbezogene Entlastung nur die Versicherten betrifft. Die angestrebte Beitragserhöhung wird mit einer Ausweitung der Leistungen der Pflegeversicherung gerechtfertigt.


Suhl, 16. Mai 2023

Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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