Existenz Südthüringer Unternehmen gefährdet

IHK Südthüringen spricht sich gegen EU-Beihilfeleitlinien aus

Die Europäische Kommission plant, zahlreiche Wirtschaftssektoren von Abgabe-Entlastungen auf den Strompreis auszuschließen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen blickt mit Sorge auf die geplante Verabschiedung der Beihilfeleitlinien Ende des Jahres. Denn der Entwurf sieht vor, dass viele strom- und handelsintensive Unternehmen in der Region künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. Eine solche Entwicklung würde die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe beeinträchtigen und das Risiko einer Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland massiv erhöhen.

Die neuen EU-Beihilfeleitlinien, die Ende 2021 durch die Europäische Kommission verabschiedet werden sollen, sind existenzgefährdend für Südthüringer Unternehmen. Einige der geplanten Änderungen gehen aus Sicht der IHK Südthüringen zwar in die richtige Richtung, indem beispielsweise notwendige staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die Minderung von Treibhausgasen in der Industrie fokussiert werden. Doch Sorgen bereiten die Änderungen bezüglich der Entlastung stromintensiver Betriebe von Abgaben und Umlagen.

Der Leitlinien-Entwurf beinhaltet, dass zukünftig statt über 200 Branchen, nur noch 50 Branchen entsprechende Entlastungen in Anspruch nehmen können. Darüber hinaus sollen alle weiterhin entlastungsberechtigten Sektoren mehr für ihren Strom bezahlen.

60 Prozent der Thüringer Unternehmen, die die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) bisher in Anspruch nehmen, könnten dies dann nicht mehr tun. Die Betroffenen müssten die volle bzw. eine signifikant höhere Erneuerbare-Energie-Umlage (EEG-Umlage) zahlen und damit hohe Energiewende-Kosten schultern. Die folgende finanzielle Mehrbelastung läge schätzungsweise zwischen 100.000 und 1 Mio. Euro. Betroffen wären Hersteller von Haushalts- und Hygieneartikeln sowie Hersteller von Ziegeln, Zement oder Kalk bzw. Unternehmen, die Werkstoffe rückgewinnen.

„Das ist wirtschaftlich keine tragbare Lösung“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen. „Deutschlands Strompreise sind im europäischen und globalen Vergleich – vor allem in der Industrie – am höchsten, weshalb Entlastungen für die Wirtschaft unabdingbar bleiben. Die Novellierung der EU-Beihilfeleitlinien beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Betriebe massiv. Das hat mittelfristig Folgen für die vor- und nachgelagerten Betriebe in den jeweiligen Wertschöpfungsketten. Die nachteiligen Effekte einer solchen Entscheidung gingen also weit über die direkt betroffenen Branchen hinaus.“ Zudem seien die hohen Strompreise bei der Erreichung der Klimaziele des Green Deals nicht zielführend. Schließlich haben viele Unternehmen bereits in Energieeigeneffizienz und Stromeigenversorgung investiert. Doch muss in den meisten Fällen weiterhin Strom bezogen werden, um die Produktionsprozesse auch zukünftig zu elektrifizieren.

Suhl, 8. Oktober 2021

Dr. Ralf Pieterwas
Hauptgeschäftsführer

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