Unternehmens-Existenz in Gefahr
Wettbewerbsfähigkeit der Südthüringer Wirtschaft durch Kostenbelastungen akut gefährdet
Als Folge des Kriegs in der Ukraine sind die Preise für Gas und Strom in den letzten Monaten massiv gestiegen. Viele Unternehmen werden deshalb derzeit mit Angeboten für Strom bzw. Gas konfrontiert, in denen die Preise mehrfach über den bisherigen Energiepreisen liegen. Mit den angekündigten Preissteigerungen wachsen die Existenzsorgen der heimischen Wirtschaft, die multiplen Belastungen ausgesetzt ist. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Südthüringer Wirtschaft akut gefährdet.
Bereits 15,6 Prozent der deutschen Industrieunternehmen sehen sich infolge der stark gestiegenen Energiepreise zu einem Zurückfahren der Produktion oder einer zumindest teilweisen Aufgabe von Geschäftsbereichen gezwungen. Unter den energieintensiven Unternehmen, d.h. denjenigen Industrieunternehmen, in denen die Energie- und Strombeschaffungskosten mindestens 3 Prozent des Produktionswertes ausmachen, sind es sogar 31,9 Prozent. Dies ergab eine Umfrage der IHK-Organisation zum Stichtag 1. Juli 2022.
„Die hohen Energiepreise gefährden die Wirtschaftlichkeit der Industrie. Uns erreichen Beispiele von Südthüringer Unternehmen, die mit zehnfach höheren Preisen für Energie im kommenden Jahr im Vergleich zum Jahr 2021 rechnen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise 3,6 Mio. Euro Umsatz erzielt und künftig Energiekosten von 2,1 Mio. € pro Jahr zu stemmen hat, wird es richtig eng. Diese Unternehmen rechnen nicht nur mit Produktionseinschränkungen, sondern ihnen droht aufgrund unrentabler Produktion die vollständige Betriebsschließung“, sagt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Multiple Belastungen für Unternehmen
Dabei sind die massiven Preissteigerungen für Energie eine Fortsetzung bereits bestehender Sorgen der Unternehmen. Noch immer leiden sie unter den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wie Lieferkettenproblemen und hohen Preisen für Rohstoffe sowie Vorprodukte. Hinzu kommen gestiegene Personalkosten.
„Personaldisposition, Preisverhandlungen und Energiebeschaffung führen zu einer hohen Belastung des Managements von Unternehmen, das zusätzlich langfristige Aufgaben wir Digitalisierung und Dekarbonisierung bewältigen muss. Diese multiplen Belastungen führen zwangsläufig zu verringerten Investitionen, die aufgrund von energetischer Transformation und Digitalisierung dringend notwendig wären“, so Pieterwas weiter.
Forderungen der Südthüringer Wirtschaft
Die Südthüringer Wirtschaft fordert die Politik daher auf, unverzüglich Maßnahmen zum Erhalt der Substanz und der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und insbesondere der Industrie zu ergreifen. Die konkreten Forderungen, um die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Energie wiederherzustellen, lauten:
- Aufnahme von Verhandlungen mit Russland mit dem Ziel eines Waffenstillstands
- Angebot an Russland, statt Nord Stream 1 die Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen
- Unbürokratischer substanzerhaltender Schutzschirm für die Wirtschaft
- Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland
- Erteilung von Genehmigungen für den Betrieb von Kohlekraftwerken
- Herstellung von Transparenz im Gasmarkt
- Weiterbetrieb der russischen Erdölpipeline Druschba nach Schwedt über den 31.12.2022 hinaus
- Nutzung der heimischen Braunkohle bis zum vereinbarten Ausstieg 2038
- Aufschluss heimischer Energieträger, z. B. die niedersächsischen Erdgasfelder durch Fracking
„Im Unterschied zur Betroffenheit der Wirtschaft in der Corona-Pandemie erreichen die zusätzlichen Kostenbelastungen der Unternehmen nunmehr eine Dimension, die auch unter Berücksichtigung der Komplexität der energiewirtschaftlichen Strukturen kaum durch Hilfsprogramme und wirksame Kompensationen abgedeckt werden kann. Deshalb muss die Politik dringend ihre außen- und energiepolitische Taktik in Richtung Russland so ausrichten, dass die wirtschaftliche Stärke Deutschlands erhalten bleibt“, so Pieterwas.
Suhl, 9. September 2022
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