Aufschwung der Thüringer Wirtschaft

Konjunkturbericht Herbst 2021 der Thüringer IHKs

Getragen von Industrie und Baugewerbe befindet sich die Thüringer Wirtschaft in einem kräftigen Aufschwung. Seit dem Frühjahr hat sich die Stimmung trotz des bislang nicht besiegten Coronavirus erheblich verbessert. Vor allem in Nord-, Mittel- und Ostthüringen zeigt das Stimmungsbarometer der Industrie- und Handelskammern (IHK), der Konjunkturklimaindikator, kräftig nach oben. Noch besser würde die Wirtschaft laufen, wenn nicht Energie- und Rohstoffpreise aus dem Ruder liefen, Lieferketten wie vor der Pandemie funktionieren würden und ausreichend Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt wären.

Der Konjunkturklimaindikator, ein geometrischer Mittelwert der Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen, steigt im Vergleich zum Frühjahr um 25 Punkte und erreicht mit 109,0 Punkten schon fast den Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre von 110,9 Punkten auf der 200 Punkte umfassenden Skala. Derzeit bewerten 45 Prozent der Unternehmen die Geschäftslage als gut und 38 Prozent als saisonüblich bzw. befriedigend. 19 Prozent erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte, 56 Prozent keine gravierenden Veränderungen.

„In der Konjunkturumfrage stellt die Lagebewertung eine Rückschau über die Monate Mai bis September dar. In dieser Zeit haben viele Unternehmen ganz hervorragende Geschäfte gemacht. Natürlich war absehbar, dass das Coronavirus in der kühleren Jahreszeit wieder zu Einschränkungen führen würde, die sektoral, vor allem im Einzelhandel und im Gastgewerbe, trotz Corona-Hilfen Existenzen in Frage stellen können. Der wertschöpfungsstarke Sektor des produzierenden Gewerbes kommt mit dem Virus hingegen besser klar als noch vor einem Jahr. Hier sind fehlende Mitarbeiter, gestörte Lieferketten und hohe Einkaufspreise für Energie und Vorprodukte gravierender. Die Umfrageergebnisse lassen nach Ende der kalten Jahreszeit eine Verfestigung des Aufschwungs erwarten“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise stellt derzeit das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Drei von vier Unternehmen erwarten Beeinträchtigungen im Geschäftsbetrieb, wenn es nicht bald zu einem deutlichen Rückgang der Preise kommt. Mit 64 Prozent der Antworten stehen Fachkräfteengpässe an zweiter Stelle der Risiken. Das Coronavirus folgt auf dem dritten Platz mit einem Anteil von 55 Prozent.

Blick in die Branchen

Mit einem Konjunkturklimaindikator von 118,7 Punkten hat die Thüringer Industrie deutlicher als alle anderen Branchen den Erholungskurs aufgenommen. 44 Prozent der Unternehmen melden im Vergleich zum Vorjahr gestiegene Aufträge, 37 Prozent keine Veränderung. Die Auftragsreichweite ist für 29 Prozent groß, für weitere 49 Prozent ausreichend. 37 Prozent arbeiten in Vollauslastung. Weitere 28 Prozent erreichen einen Auslastungsgrad von 80 bis 90 Prozent. Daher planen 84 Prozent der Unternehmen in den kommenden Monaten Investitionen, die neben der Modernisierung vor allem Kostensenkung und Kapazitätsausbau zum Ziel haben. 26 Prozent erwarten, mit Neueinstellungen ihre Mitarbeiterzahl zu vergrößern, während hingegen 9 Prozent von geringeren Beschäftigtenzahlen ausgehen. Hauptrisiken für die Branche bilden mit einem Anteil von 88 Prozent die Energie- und Rohstoffpreise, mit 70 Prozent die Fachkräfteengpässe und damit verbunden mit 52 Prozent die steigenden Arbeitskosten.

Im Thüringer Baugewerbe erreicht der Konjunkturklimaindikator 106,4 Punkte. 27 Prozent der Unternehmen berichten von einer gestiegenen Auftragslage gegenüber dem Vorjahr, wobei insbesondere der Wohnungsbau zulegen konnte. 45 Prozent verfügen momentan über einen Auftragsvorlauf von vier Monaten und mehr, weitere 44 Prozent über einen Vorlauf von zwei bis drei Monaten. In der Branche planen 69 Prozent der Unternehmen Investitionen, vor allem zur Modernisierung. 6 Prozent rechnen mit steigenden Mitarbeiterzahlen, 13 Prozent mit einem Rückgang aufgrund von Alterung und Nachwuchsmangel. Hauptrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung in dieser Branche bilden die Energie- und Rohstoffpreise mit einem Anteil von 93 Prozent, Fachkräfteengpässe mit 83 Prozent und damit verbunden steigende Arbeitskosten mit 51 Prozent.

Der Konjunkturklimaindikator für den Handel erreicht 100,2 Punkte, wobei die Stimmung vor allem vom Großhandel getragen wird. Der Einzelhandel steht durch die Corona-Regeln, die Kaufkraftverluste im Zuge der Kurzarbeit und die wachsende Bedeutung des Onlinegeschäfts unter erheblichem Druck. 37 Prozent der Unternehmen berichten von Umsatzeinbußen gegenüber dem Vorjahr, wenngleich 29 Prozent Umsatzsteigerungen verzeichnen. In den kommenden Monaten planen 69 Prozent Investitionen, vor allem für Modernisierung. Im stationären Einzelhandel beabsichtigen 21 Prozent außerdem Investitionen in neue Vertriebswege und ein attraktiveres Verkaufsumfeld. Die Beschäftigungserwartungen fallen stabil aus: Jeweils 7 Prozent erwarten einen steigenden bzw. sinkenden Personalbestand. Hauptrisiken für den Handel stellen die Energie- und Rohstoffpreise mit einem Anteil von 76 Prozent, das Coronavirus mit 54 Prozent und die Arbeitskosten mit 45 Prozent dar.

Im Verkehrsgewerbe erreicht der Konjunkturklimaindikator 98,7 Punkte. Drei von vier Unternehmen verzeichnen einen Auslastungsgrad von mindestens 70 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr ist jedoch das Beförderungsvolumen lediglich für 21 Prozent der Betriebe gestiegen. In den kommenden Monaten planen 68 Prozent Investitionen, die sich vor allem auf die Modernisierung des Fuhrparks und des Betriebsgeländes richten. Jeweils 21 Prozent planen außerdem Umweltschutzinvestitionen, vor allem hinsichtlich der Antriebstechnik und Investitionen in das Dienstleistungsangebot. Das Verkehrsgewerbe leidet unter erheblichen Nachwuchsproblemen. Daher erwarten nur 2 Prozent der Unternehmen einen steigenden Personalbestand, während 25 Prozent von einer Verringerung des Personalbestands ausgehen. Hauptrisiken für die Branche bilden die Energie- und Rohstoffpreise mit einem Anteil von 84 Prozent, Fachkräfteengpässe mit 70 Prozent und damit verbunden Arbeitskosten mit 68 Prozent.

Zum Zeitpunkt der Umfrage erreichte der Konjunkturklimaindikator im Gastgewerbe 102 Punkte, weil die Dynamik des aktuellen Infektionsgeschehens und die Reaktion der Gesundheitspolitik nicht in diesem Umfang erwartet wurde. Im Sommer- und Herbstgeschäft konnten 38 Prozent der Unternehmen Umsatzsteigerungen verbuchen, für weitere 32 Prozent blieb der Umsatz gegenüber dem Vorjahr unverändert. Im Beherbergungssegment verbuchte jedes zweite Unternehmen gestiegene Übernachtungszahlen, die Bettenauslastung nahm für 55 Prozent zu. 66 Prozent der Unternehmen planen in den kommenden Monaten Investitionen, die neben der Modernisierung der Kostensenkung und der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen dienen sollen. 10 Prozent rechnen mit einem steigenden Personalbestand, 13 Prozent erwarten hingegen eine sinkende Mitarbeiterzahl. Hauptrisiken bilden miteinem Anteil von 81 Prozent die Energie- und Rohstoffpreise sowie mit jeweils 80 Prozent das Coronavirus und die zunehmenden Fachkräfteengpässe.

Im Dienstleistungsbereich erreicht der Konjunkturklimaindikator 109 Punkte. 23 Prozent der Unternehmen berichten von einem im Vergleich zum Vorjahr gestiegenen Auftragseingang, 49 Prozent sehen keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr. In den kommenden Monaten planen 78 Prozent der Unternehmen Investitionen. Neben der Modernisierung steht vor allem die Weiter- und Neuentwicklung des Dienstleistungsportfolios an. 10 Prozent erwarten steigende Mitarbeiterzahlen, 9 Prozent hingegen einen Rückgang. Hauptrisiken bilden das Coronavirus mit einem Anteil von 60 Prozent, die Fachkräfteengpässe mit 52 Prozent und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit 47 Prozent.

Weiterführende Informationen

Die Konjunkturumfrage Herbst 2021 wurde im September 2021 von den drei Thüringer IHKs durchgeführt. In die Auswertung flossen 1.043 Antworten von Unternehmen aus ganz Thüringen ein.

Suhl, 29. Dezember 2021
 

Dr. Ralf Pieterwas
Hauptgeschäftsführer

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Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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