Auch 2025 wird ein schwieriges Jahr
Konjunkturbericht Jahresbeginn 2025 der IHK Südthüringen
Die Wirtschaft findet keinen Weg aus der Flaute, in der sie sich seit 2018 befindet. Stattdessen verfestigt sich die Rezession in Thüringen. Die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen zeigt branchenübergreifend einen Nachfragemangel. Frühere Standortvorteile wie geringe Kosten und eine gute Personalausstattung sind Geschichte.
Die Südthüringer Wirtschaft befindet sich in der Rezession und daran wird sich höchstwahrscheinlich kurzfristig nichts ändern. Auf Basis einer branchen- und größengewichteten Umsatzprognose der Unternehmen ist vielmehr ein weiterer Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandprodukts zu erwarten. Das Ausmaß des Problems zeigen die Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen. Derzeit bewerten 43 Prozent die Lage als schlecht und nur 17 Prozent als gut. 40 Prozent bewerten die Lage als saisonüblich bzw. befriedigend. In den kommenden Monaten erwarten nur sieben Prozent eine Verbesserung, 43 Prozent keine Veränderung und 50 Prozent weitere Verschlechterungen.
Aus den Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen wird der Konjunkturklimaindikator gebildet. Er kann bis zu 200 Punkte erreichen. Ein Wert unter 100 Punkten signalisiert einen Abschwung, ein Wert darüber einen Aufschwung. Derzeit werden 64,4 Punkte erreicht. Im Herbst 2024 waren es zwei Punkte weniger und vor einem Jahr 0,6 Punkte mehr. Innerhalb des letzten Jahres hat sich die Lagebeurteilung weiter verschlechtert, während sich die Erwartungen auf ähnlichem pessimistischen Niveau befinden
„Veränderungen der globalen Wettbewerbsbedingungen und eigenes wirtschaftspolitisches Versagen haben den Standort Deutschland in eine Strukturkrise geführt, die vor allem Standorte mit hoher Arbeits- und Energieintensität in Schwierigkeiten bringt. Inzwischen sollte auch der Letzte begriffen haben, dass wir es nicht mit einer kurzfristigen Abschwächung der deutschen Konjunktur oder schlechter Stimmung zu tun haben. Was wir jetzt brauchen, sind grundlegende strukturelle Weichenstellungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Oberste Priorität politischen Handelns muss die Wiederherstellung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit haben. Das heißt: Erstens, ernsthafte Reform der Nebenkostenstruktur des Strompreises mit dem Ziel einer drastischen Strompreissenkung. Zweitens, runter mit den Lohnnebenkosten und Schluss mit politischen Eingriffen in die Lohngestaltung. Und drittens, Stopp der übergriffigen Gesetze und Verordnungen aus Brüssel“, fordert Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Zahlreiche Risiken gefährden die wirtschaftliche Entwicklung
Drei von vier Unternehmen betrachten die Binnennachfrage als wesentliches Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Die Südthüringer Wirtschaft ist stark auf den heimischen Markt orientiert. Zu beachten ist, dass außerdem jeder vierte Industriebetrieb die Auslandsnachfrage als Risiko betrachtet. Im produzierenden Gewerbe und in der Dienstleistungswirtschaft erhielten zwar 14 Prozent der Unternehmen mehr Aufträge als vor einem Jahr, doch für 56 Prozent ergab sich ein Auftragsrückgang. In den verbraucherorientierten Branchen verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr für 17 Prozent der Unternehmen der Umsatz, während sich für 45 Prozent eine Verschlechterung ergab.
Weitere Risiken zeigen, was schiefläuft. 71 Prozent der Unternehmen thematisieren die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und jeweils 59 Prozent die Arbeitskosten und Energiepreise. Vor diesem Hintergrund bleibt die Investitionsneigung gering. Zwar planen zwei von drei Betrieben Investitionen, aber lediglich 9 Prozent wollen mehr investieren als im Vorjahr, hauptsächlich in Ersatz und Modernisierung. Im Personalbereich erwarten sechs Prozent steigende Mitarbeiterzahlen, während 22 Prozent von einem Rückgang ausgehen.
Die Finanzlage stellt sich für 58 Prozent der Unternehmen unproblematisch dar. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich dieser Anteil um 13 Prozentpunkte verbessert. Trotzdem berichten 29 Prozent von einem Eigenkapitalrückgang, 22 Prozent von Liquiditätsengpässen und 16 Prozent von zunehmenden Forderungsausfällen.
Blick in die Branchen
In der Industrie zeigen viele Antworten, wie tiefgreifend der Nachfragemangel ausfällt. 63 Prozent der Unternehmen melden im Vergleich zum Vorjahr Auftragseinbußen, für 61 Prozent ist der Auftragsbestand zu klein. Lediglich 42 Prozent der Unternehmen haben eine Kapazitätsauslastung von 80 Prozent und mehr. Dies spiegelt sich auch in der Ertragslage wider, die sich innerhalb des letzten Jahres nur für neun Prozent der Unternehmen verbessert, aber für 57 Prozent verschlechtert hat.
Für das Baugewerbe läuft lediglich der öffentliche Bau halbwegs normal. Im Fall der gewerblichen Bauten ist die Krise der anderen Branchen erheblich zu spüren. Im Wohnungsbau fallen momentan nur selten Neubauten an. Dementsprechend haben lediglich elf Prozent der Unternehmen mehr Aufträge als vor einem Jahr. Für 71 Prozent ist der Auftragseingang gesunken. Die Auftragsreichweite liegt für ein Drittel der Betriebe bei vier und mehr Monaten, ein Viertel ist für zwei bis drei Monate versorgt. Die Auftragslage stellt sich besser als im Herbst 2024 dar, ist aber im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Zugleich hat sich die Ertragslage für jedes zweite Unternehmen verschlechtert.
Der Handel befindet sich seit dem Sommer 2019 in einer permanenten Krise. Generell hapert es an der Ausgabefreudigkeit der Kunden, von der 63 Prozent der Unternehmen angeben, dass sie innerhalb des letzten Jahres noch einmal zurückgegangen ist. Einkommenssorgen durch Inflation und den Abbau von gut bezahlten Industriearbeitsplätzen verhindern größere Anschaffungen. Der Umsatz ist zwar für 19 Prozent der Unternehmen gestiegen, doch 46 Prozent melden einen Rückgang. Die Ertragslage hat sich für 11 Prozent verbessert, für 54 Prozent jedoch verschlechtert.
Im Verkehrsgewerbe hat sich die Fahrleistung stabilisiert und die Auslastung zugenommen. Sie erreicht nach einem schweren Einbruch vor einem halben Jahr für zwei von drei Betrieben wieder mehr als 80 Prozent. Hohe Kosten und zunehmender Fahrermangel führen jedoch dazu, dass innerhalb des letzten Jahres 42 Prozent eine Verschlechterung der Ertragslage hinnehmen mussten.
Dem Gastgewerbe machen steigende Kosten und zu wenige Buchungen gleichermaßen zu schaffen. Zwei von drei Betrieben melden Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahr, ähnlich entwickelte sich die Ertragslage. Dies hat Folgen für die Finanzlage, die lediglich für jeden fünften Betrieb unproblematisch ist. Insbesondere Liquiditätsengpässe greifen um sich, die zwei von drei Unternehmen betreffen.
In Teilen der Dienstleistungswirtschaft hat sich die Stimmung aufgehellt. Der Umstieg vieler Unternehmen auf das Betriebssystem Windows 11 verschafft vielen Dienstleistern der Information und Kommunikation mehr Aufträge. Auch die Ingenieurbüros machen derzeit mehrheitlich saisonübliche bis gute Geschäfte. Dass sich hieraus ein Aufschwung entwickeln könnte, erwarten derzeit nur sechs Prozent der Dienstleister. 49 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.
Zur Information
Die Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen fand vom 16. Dezember 2024 bis 19. Januar 2025 statt. Befragt wurden rund 900 Südthüringer Unternehmen aller Branchen. Die Rücklaufquote lag bei 37 Prozent.
Suhl, 21. Februar 2025

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