Ausblick bleibt sorgenvoll

Konjunkturbericht Jahresbeginn 2023 der IHK Südthüringen

Hohe Einkaufspreise für Energie und Vorprodukte, Personalmangel und Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der Binnennachfrage treiben den Südthüringer Unternehmern zu Jahresbeginn 2023 die Sorgenfalten in die Stirn. Die Stimmung in den Betrieben ist jedoch verhalten positiv. Es ist nicht zur befürchteten Katastrophe gekommen. Gleichwohl bleiben die Geschäftserwartungen schlecht. Diese Ergebnisse liefert die Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2023 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen.

Der Konjunkturklimaindikator, ein geometrischer Mittelwert aus der Lagebeurteilung und den Erwartungen der Unternehmen, steigt gegenüber der Herbst-Umfrage um 20 Punkte und erreicht nun 75,1 von 200 möglichen Punkten. Vor einem Jahr wurden jedoch 12 Punkte mehr erreicht. Mit Werten unter der 100-Punkte-Marke befindet sich die Wirtschaft im Krisenmodus. Momentan ist nur schwer vorhersehbar, welche Herausforderungen in diesem Jahr auf die Unternehmen zukommen. Aus kaufmännischer Vorsicht heraus meldet daher jeder zweite Betrieb eine voraussichtliche Verschlechterung der Geschäfte im Jahresverlauf.

Die Bewertung der Geschäftslage fällt hingegen mehrheitlich positiv aus. 32 Prozent der Unternehmen betrachten ihre Lage als gut und weitere 40 Prozent als saisonüblich. Die Ertragslage ist den Umständen entsprechend gut, 39 Prozent arbeiten mit Gewinn, weitere 42 Prozent kostendeckend. Im Vergleich zum Vorjahr fielen die Erträge jedoch für 43 Prozent der Betriebe schlechter aus. Hauptursache sind die gestiegenen Einkaufspreise für den Bezug von Energie und anderen Vorleistungen.

„Es gibt momentan viele „Wenns“, die es erschweren, ein Unternehmen verantwortungsbewusst zu führen: Wenn der Krieg in der Ukraine zu Ende geht, wenn auch der nächste Winter mild wird, wenn die EZB die Inflation in den Griff bekommt, wenn es uns gelingt, endlich eine vernünftige Einwanderung in den Arbeitsmarkt zu bekommen... Momentan gibt es ermutigende Signale, dass wir in 2023 sogar ein geringes Wirtschaftswachstum bekommen. Gelingt das, ist schon Vieles gewonnen. Die Politik in Erfurt, Berlin und Brüssel ist gefordert, mit smarten Hilfen die größten Härten unbürokratisch abzufedern“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.

Energiepreise bleiben größtes Risiko

Unsicherheiten erschweren langfristige Planungen, z. B. Investitionsentscheidungen. Im letzten Herbst haben viele Unternehmen Investitionen zurückgestellt. Inzwischen planen immerhin drei von vier Betrieben Investitionen für das laufende Jahr, vor allem zur Modernisierung. Jeder vierte Betrieb plant kostensenkende Maßnahmen. Besonders hoch fällt die Investitionsneigung mit 82 Prozent in der Industrie aus. Hier plant jeweils ein Fünftel der Betriebe neben Modernisierungs- und Rationalisierungsinvestitionen auch Kapazitätserweiterungen und Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Auf dem Arbeitsmarkt bremst vor allem die demografische Entwicklung, wobei in der aktuellen Wirtschaftslage nicht jede frei werdende Stelle sofort nachbesetzt wird. 11 Prozent der Unternehmen rechnen in diesem Jahr mit einem Personalaufbau. Vor allem Dienstleister im Bereich Information und Kommunikation erwarten eine steigende Zahl von Mitarbeitern. 74 Prozent gehen hingegen von einer allenfalls stabilen Beschäftigungssituation aus.

Das wesentliche Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung besteht für 76 Prozent der Unternehmen in den Energiepreisen. Zwar sind die Spitzenwerte, die im Sommer 2022 an den Strom-, Gas- und Rohölbörsen für Energieträger zu zahlen waren, vorerst Geschichte, doch die Konditionen in laufenden Lieferverträgen sind um ein Vielfaches höher als in der Vergangenheit. Weitere bedeutende Risiken sind die Personal- und Fachkräfteengpässe mit einem Anteil von 62 Prozent, die Rohstoffpreise mit 57 Prozent, die Inlandsnachfrage mit 52 Prozent und die Arbeitskosten mit 51 Prozent.

Blick in die Branchen: Lage der Industrie durchwachsen und robustes Dienstleistungsgewerbe

In der Industrie fallen steigende Kosten für viele Unternehmen mit einer unzureichenden Nachfrage zusammen. Zwar melden 23 Prozent gestiegene Auftragslage, für 35 Prozent sind hingegen die Auftragszahlen gesunken. Den Auftragsbestand bewerten 15 Prozent als groß, 35 Prozent aber als zu klein. Lediglich 59 Prozent der Betriebe erreichen eine Kapazitätsauslastung von mindestens 80 Prozent. In den kommenden Monaten planen acht von zehn Betrieben Investitionen. 15 Prozent gehen davon aus, dass die Zahl der Mitarbeiter in den nächsten Monaten wächst, weitere 67 Prozent erwarten keine Änderung des Personalbestands.

Im Baugewerbe berichten 54 Prozent der Unternehmen von rückläufigen Aufträgen und einer Verschlechterung der Ertragslage. Die Auftragsreichweite ist noch hoch. 46 Prozent sind vier Monate und länger ausgelastet und 31 Prozent zwei bis drei Monate. In der nächsten Zeit werden zwei von drei Unternehmen Preiserhöhungen vornehmen. Zugleich nimmt die Investitionsneigung wieder zu. 69 Prozent wollen investieren, vor allem in Modernisierung, Kostensenkung und die Entwicklung neuer Leistungen und Verfahren. Im Personalbereich erwartet jeder vierte Betrieb einen Rückgang.

Im Groß- und Kfz-Handel fällt derzeit die Lagebeurteilung besser aus als im Einzelhandel. Für den Handel insgesamt melden 62 Prozent der Unternehmen eine gesunkene Ausgabefreudigkeit der Kunden. Gegenüber dem Vorjahr hat sich für 20 Prozent der Umsatz verbessert, für weitere 41 Prozent blieb er unverändert. Angesichts der hohen Inflation ergeben sich für viele Händler Einbußen. Die Branche rechnet für dieses Jahr mit Preiserhöhungen auf breiter Front. Zugleich erwartet jedes zweite Unternehmen einen Umsatzrückgang. Im Personalbereich gehen 4 Prozent von Zuwächsen und 16 Prozent von einer sinkenden Mitarbeiterzahl aus. Die Investitionsneigung bleibt mit einem Anteil von 64 Prozent niedrig.

Das Verkehrsgewerbe hat mit hohen Kosten, Fahrermangel und ungenutzten Kapazitäten zu kämpfen. Aktuell erreichen lediglich 54 Prozent der Unternehmen eine Auslastung von mindestens 70 Prozent, ein äußerst niedriger Anteil. In den kommenden Monaten erwarten 42 Prozent ein weiter rückläufiges Beförderungsvolumen. Daher stellen Preissenkungen für jeden vierten Betrieb kein Tabu dar. Zugleich erwarten 42 Prozent, dass sich der Fahrermangel weiter verschärft und sie am Jahresende mit weniger Mitarbeitern dastehen. Vor diesem Hintergrund planen lediglich 39 Prozent Investitionen.

Deutschlandweit sind im letzten Jahr die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen um 45 Prozent gestiegen. In Thüringen und Südthüringen ist davon wenig angekommen. Das Gastgewerbe hat vor allem strukturelle und weniger konjunkturelle Schwierigkeiten. Angesichts dessen fallen sowohl die Lagebeurteilung als auch die Erwartungen mehrheitlich zurückhaltend bis schlecht aus. Die Branche geht von weitgehend stabilen Mitarbeiterzahlen aus. 71 Prozent der Betriebe planen Investitionen, vor allem zur Ersatzbeschaffung und für kostensenkende Maßnahmen.

In der Dienstleistungswirtschaft melden 20 Prozent der Betriebe Auftragssteigerungen, für weitere 47 Prozent änderte sich die Auftragslage nicht. Der Umsatz stieg für 25 Prozent, weitere 42 Prozent vermelden keine Änderung. In den kommenden Monaten wollen drei von vier Betrieben Investitionen vornehmen. Neben Modernisierungs- und Ersatzinvestitionen planen 19 Prozent Kostensenkung und 17 Prozent Erweiterungsinvestitionen. Ein weitgehend stabiler Personalbestand ist zu erwarten.
 

Zur Information
Die Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen fand vom 15. Dezember 2022 bis 20. Januar 2023 statt. Befragt wurden rund 900 Südthüringer Unternehmen aller Branchen.

Weitere Ergebnisse und Branchenauswertungen enthält der ausführliche Konjunkturbericht Jahresbeginn 2023 der IHK Südthüringen unter www.suhl.ihk.de/konjunktur.

Suhl, 31. Januar 2023

Dr. Jan Pieter Schulz
Dr. Jan Pieter, Schulz
Referent Volkswirtschaft

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