Hadern mit dem Standort
Konjunkturbericht Herbst 2024 der IHK Südthüringen für den Ilm-Kreis
Die Wachstumsdynamik im Ilm-Kreis wurde viele Jahre als Erfolgsgeschichte gefeiert. Auch in der aktuellen Wirtschaftskrise gibt es Unternehmen, die weiterhin expandieren und gute Geschäfte machen. Eine breite Mehrheit hadert aber zunehmend mit dem Standort, der Wirtschaftspolitik in diesem Land, den Kosten und der fehlenden Nachfrage. Der Konjunkturbericht Herbst 2024 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen für den Ilm-Kreis weist nur wenige Lichtblicke auf.
In Thüringen ist im ersten Halbjahr 2024 das Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt um 1,2 Prozent gesunken. Dieser Rückgang beruht auf einer Krise des produzierenden Gewerbes – und davon hat der Ilm-Kreis besonders viel. 46 Prozent der Bruttowertschöpfung stammen aus den zugehörigen Branchen, von denen die Industrie und das Baugewerbe die wichtigsten sind. In guten Zeiten bedeutet dies für die Menschen im Ilm-Kreis eine Wohlstandsdividende. Momentan sind die Zeiten jedoch nicht gut.
Der Konjunkturklimaindikator, mit dem die IHK Südthüringen die Lage- und Erwartungseinschätzungen als geometrischen Mittelwert zusammenfasst, ist auf den niedrigsten Wert seit der Rezession 2002/03 gesunken. Lediglich 68,3 Punkte von 200 möglichen Punkten werden erreicht. Im Sommer waren es noch 18 Punkte und vor einem Jahr 25 Punkte mehr. Schon damals war die Situation nicht gut, doch inzwischen befindet sich die Wirtschaft erneut in einer Rezession.
Immerhin 20 Prozent der Unternehmen bewerten aber die Geschäftslage als gut und 51 Prozent als saisonüblich bzw. befriedigend. Im produzierenden Gewerbe und in den Dienstleistungsbereichen konnten 29 Prozent der Unternehmen mehr Aufträge als vor einem Jahr verbuchen. Zugleich melden aber 38 Prozent Auftragsrückgänge. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich im Auslandsgeschäft. Seit Beginn des Jahres hat sich der Anteil der Industriebetriebe mit Auslandsaufträgen um 15 Prozentpunkte auf 68 Prozent reduziert. 21 Prozent melden aber eine wachsende Nachfrage aus dem Ausland.
„Wir blicken mit besonderer Sensibilität auf den Export. Während beispielsweise Frankreich eine starke Inlandsorientierung aufweist, entscheidet in Deutschland die Auslandsnachfrage über den Beginn eines Aufschwungs. Daher ist es ermutigend, wenn jeder fünfte Industriebetrieb aus dem Ilm-Kreis im Ausland dazugewinnt. Die anhaltend geringe Exportbeteiligung der Industrie verrät sowohl etwas über die schwache konjunkturelle Entwicklung auf den Hauptabsatzmärkten als auch über die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit deutscher Erzeugnisse“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Nicht umsonst betrachten 70 Prozent der Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für die Wirtschaftsentwicklung. Bürokratieaufbau und eine im internationalen Vergleich hohe Abgabenbelastung gefährden die Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem bezeichnen 66 Prozent die Arbeitskosten und 60 Prozent die Inlandsnachfrage als Konjunkturrisiken.
Auf dem Arbeitsmarkt erwarten 9 Prozent zunehmende Mitarbeiterzahlen und 19 Prozent einen Personalrückgang. Die Ursachen liegen einerseits in der Konjunktur und andererseits in der Demografie. Personalabbau ist ein probates Mittel zur Kostensenkung. Was aber, wenn die Stellen frei sind, weil keine geeigneten Bewerbungen eingehen? In dieser Situation ist ein Drittel der Unternehmen.
In den kommenden Monaten werden viele Betriebe weniger Dynamik zeigen als in guten Zeiten. Lediglich 66 Prozent planen für das kommende Jahr Investitionen, 12 Prozentpunkte weniger als im zehnjährigen Durchschnitt. Doch wenn die Nachfrage fehlt, lassen sich mit Investitionen keine zusätzlichen Renditen erzielen. Wesentliche Investitionsmotive sind der Ersatz und die Senkung der Kosten. Immerhin 17 Prozent wollen die Kapazitäten ausbaue. Diese Betriebe haben alle eine günstige oder saisonübliche Geschäftslage und blicken mehrheitlich zuversichtlich voraus. Das zeigt, dass die aktuelle Krise glücklicherweise nicht alle Unternehmen erfasst hat.
Zur Information: Basis der Angaben ist eine repräsentative Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen, die vom 9. September bis 3. Oktober 2024 durchgeführt wurde. Zur IHK Südthüringen mit 25.700 Mitgliedsunternehmen gehören auch ca. 6.600 Unternehmen aus dem Ilm-Kreis. Den branchenmäßig größten Anteil stellen die 3.100 Dienstleister mit 16.500 Beschäftigten, gefolgt von 1.500 Handelsunternehmen mit 3.900 Beschäftigten. Zur Industrie gehören im Ilm-Kreis 650 Unternehmen mit 13.200 Beschäftigten.
Suhl, 04.11.2024
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