Ohne Gewinn keine Perspektive
Konjunkturbericht Herbst 2024 der IHK Südthüringen für den Landkreis Sonneberg
Unternehmen werden gegründet, um Gewinne zu erzielen. Das Marktumfeld und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen erschweren dies seit Jahren. Bereits vor der Corona-Pandemie war der Landkreis Sonneberg in eine Wirtschaftskrise gerutscht. Diese hat sich zuletzt erheblich verschärft. Das zeigt die Konjunkturumfrage Herbst 2024, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen jetzt für den Landkreis Sonneberg ausgewertet hat.
Im ersten Halbjahr 2024 ist das Thüringer Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt um 1,2 Prozent zurückgegangen. Die IHK-Konjunkturumfrage zeigt, dass es in diesem Jahr nicht mehr zur Trendwende kommen wird. Thüringen wird das zweite Jahr in Folge einen BIP-Rückgang erleben. Die Entwicklung im Landkreis Sonneberg ist gravierender. Die bis 2022 veröffentlichten Zahlen zeigen, dass das BIP seit 2018 in laufenden Preisen stagniert. Inflationsbereinigt geht es somit zurück. Die gleiche Entwicklung zeigt auch der IHK-Konjunkturklimaindikator. Multiple Krisen überziehen die Wirtschaft. Das ist Gift für einen Standort, an dem viele Unternehmen nur mit dünnen Gewinnmargen ausgestattet sind.
Der aktuelle Konjunkturklimaindikator, der ein geometrischer Mittelwert aus Lage- und Erwartungseinschätzungen der Unternehmen ist, erreicht 59,5 von 200 möglichen Punkten. Vor einem Jahr wurden vier Punkte mehr erreicht. Die aktuelle Geschäftslage stellt sich für 18 Prozent der Unternehmen gut dar, doch für 52 Prozent ist sie schlecht. Zwei Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte. Mit einer weiteren Verschlechterung rechnen 48 Prozent.
„Für einen Aufschwung müssten sich in erster Linie die Angebotsbedingungen verbessern. Für drei von vier Unternehmen sind die aktuellen Energiepreise zu hoch, um damit wirtschaftlich arbeiten zu können. 64 Prozent betrachten die Rohstoffpreise als Risiko und 56 Prozent die Arbeitskosten. Natürlich sollte die Wirtschaftspolitik in einer Marktwirtschaft keine Steuerung der Preise vornehmen, aber sie könnte staatliche Verzerrungen der Preise abbauen, Bürokratie und Steuern zurückführen und die geopolitischen Rahmenbedingungen verbessern. 62 Prozent der Unternehmen aus dem Landkreis Sonneberg halten die aktuelle Wirtschaftspolitik aus Erfurt, Berlin und Brüssel jedoch für ein Geschäftsrisiko“, erklärt Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Jedes zweite Unternehmen betrachtet außerdem die heimische Nachfrage als Risiko. Die Anschaffungsneigung der Verbraucher ist seit den erheblichen Preissteigerungen bei Konsumgütern auf niedrigem Niveau. Die Firmenkunden halten sich ebenfalls zurück. 60 Prozent der Unternehmen des produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors haben in diesem Jahr weniger Aufträge erhalten als im letzten Jahr. Die Ertragslage hat sich seither für 56 Prozent verschlechtert. Gewinne erzielen noch 29 Prozent, doch 30 Prozent sind in der Verlustzone angekommen.
Gewinne sind Antrieb für unternehmerisches Engagement und zugleich Marktsignal, dass man alles richtig gemacht hat. Verluste signalisieren dagegen dem rationalen Kaufmann, dass er für sein Kapital eine andere Anlageform wählen sollte. Genau dies passiert, indem 55 Prozent der Unternehmen ankündigen, dass sie in den nächsten zwölf Monaten nicht mehr investieren werden. Das Bild kann sich verändern, wenn die Nachfrage wieder anziehen sollte. Vorerst ist dies jedoch ein fatales Signal.
Im Personalbereich rechnen zwei Prozent der Unternehmen mit wachsenden Mitarbeiterzahlen, 16 Prozent hingegen mit einem Rückgang. Der Rückgang kann konjunkturelle Gründe haben. Aufgrund des großen Personalbedarfs vieler Firmen ist es jedoch genauso gut möglich, dass es im Fall von Renteneintritten keine Nachfolger für ausscheidende Mitarbeiter gibt. Derzeit meldet jedes dritte Unternehmen freie Stellen, die bereits seit mehreren Monaten unbesetzt sind.
Zur Information: Die Angaben basieren auf einer repräsentativen Konjunkturumfrage der IHK Südthüringen, die vom 9. September bis 3. Oktober 2024 durchgeführt wurde. Zur IHK Südthüringen mit 25.700 Mitgliedsunternehmen gehören auch ca. 3.800 Unternehmen aus dem Landkreis Sonneberg. Den branchenmäßig größten Anteil stellen die 1.600 Dienstleister mit 6.800 Beschäftigten, gefolgt von 1.000 Handelsunternehmen mit 2.000 Beschäftigten. Zur Industrie gehören im Landkreis Sonneberg 450 Unternehmen mit 7.900 Beschäftigten.
Suhl, 06.11.2024
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